
BIM-Praxis: TGA (Teil 2)
In Teil 1 der Artikelserie beschäftigten sich Martin Vielhauer, Andreas Mühlbacher und Erik Mai mit den unterschiedlichen Motivationen der in Bauprojekten beteiligten Parteien: Bauherren und Auftraggebern, TA-Fachplanern und den ausführenden TA-Firmen. In Teil 2 nun geht es um Ansätze und Lösungen, mit denen sich die unterschiedlichen Sichtweisen und Ziele verbinden lassen.
Im Folgenden werden verschiedenen Ansätze formuliert, um mit den Themen in der Praxis umzugehen.
- BIM-Nutzen im Projekt hinterfragen und definieren
Zunächst ist das geforderte Ziel und der gewünschte Mehrwert von BIM für das Projekt zu diskutieren. Dabei eigenen sich manche Projektkonstellationen für einen vertieften Einsatz von BIM besser als andere. Hier gibt es jedoch keine einheitliche Kategorisierung. So kann eine spezifisch angepasste BIM-Lösung für einen kniffligen Umbau im Bestand besser geeignet sein als für eine schnelle Projektentwicklung eines Bürogebäudes. Oder aber andersherum. Wichtig ist, dass die Erwartungshaltung von allen Beteiligten klar ist und nicht vorgefertigte Standard-AIAs verpflichtend gefordert werden. Dies spart Zeit und Geld.
- Differenzieren von Leistungsphasen und Gewerke
Der Einsatz der BIM-Methode muss auf die Leistungsphasen und die Gewerke angepasst werden. Macht es Sinn, alle Fachgewerke bereits in Lph 2 modellieren zu lassen oder hilft zum Beispiel eine Konzentration auf die Lüftungszentrale und Raumlufttechnik? Sollten die Schächte von allen Gewerken detailliert dargestellt werden, aber dafür die Grundrisse nicht? Muss die Gebäudeautomation bereits in der Lph 3 Bauteile darstellen und welche sind das? Ist es sinnvoll, die Kostengruppe 450 mit ihren winzigen Bauteilen im Modell darzustellen und was ist der konkrete Nutzen? Diese Fragen sind im Vorfeld je Gewerk zu klären.
Das fehlende Hinterfragen der gewerkspezifischen Anforderungen führt häufig dazu, dass viele AIAs am Ziel vorbeigehen oder im Laufe des Projektes zunehmend ignoriert werden, weil der praktische Nutzen fehlt. Entscheidend ist daher, gezielt nach dem konkreten Mehrwert der jeweiligen Darstellungen und Attribuierungen zu fragen, anstatt vertraglich lediglich das technisch Machbare zu vereinbaren.
- BIM-Prozess begleiten und/oder das Ziel definieren
Wenn BIM in einem Projekt angewendet werden soll, wird oft der gesamte Prozess detailliert vorgegeben. Dabei stellt sich die Frage: Ist es nicht besser, das Ziel zu definieren und die Umsetzung und Zwischenergebnisse den Parteien selbst zu überlassen?
Wenn das Ziel des Bauherrn eine qualitativ hochwertige, nachweislich kollisionsfreie und baubare Planung (3D) inklusive der konkreten Produkte aus den Firmenvorschlägen auf dem neuesten Stand der Architektur ist, sollte dies auch das Ziel des BIM-Prozesses sein. Sie ist schließlich die Basis der M+W-Planung.
Dafür wurde auch die HOAI-Teilleistung Lph 5, e) geschaffen. Ist dies klar, kann das Planungsteam unter der Koordination des Architekten den Weg dorthin selbst wählen. Damit würde man auch den Gewerken inhaltliche und honorartechnische Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen, was in Zeiten von massivem Preisdruck wünschenswert ist.
Wichtig ist, dass am Ende ein zuverlässiger Informationsfluss zum Bauunternehmen gewährleistet ist. Das ist das wesentliche Ziel der Planung. Man könnte weiterhin dem Planer in Zusammenarbeit mit den ausführenden Firmen auch Modellierungsaufgaben der M+W-Planung im BIM-Modell übertragen. Darauf zu warten, dass diese Leistungen in den nächsten Jahren von den ausführenden Firmen erbracht werden können, ist keine Option mehr.
Vor dem Hintergrund der Dauerkonfliktes zwischen Planern und Baufirmen über die Qualität der Lph 5 macht eine gemeinsame Abstimmungsphase vor Baubeginn mit der Baufirma anhand des Modells ebenfalls Sinn. Hier könnten Themen besprochen und gemeinsam angepasst werden. Das Dilemma aus Bedenken und Behinderungsanzeigen könnte durchbrochen werden. Die Ziele Kosten und Termine wären so priorisiert.
Dies erfordert Veränderungen auch im BIM-Leistungsbild und BIM-Ansatz. Aber in Zeiten der Diskussionen um steigende Baukosten, Fachkräftemangel und zunehmende technische Komplexität wird man nicht umhin kommen, sich mit neuen Ideen auseinanderzusetzen.
- Zielorientierte Attribuierung
Viel Arbeit wird in die Attributierung der Bauteile innerhalb von BIM über die Leistungsphasen investiert. Dabei gehen die Meinungen über die notwendige Attributierungstiefe zwischen den TGA-Fachgewerken innerhalb der Leistungsphasenbetrachtungen sowie zwischen den Sichtweisen zwischen Planern und Bauunternehmen oft weit auseinander. In den nächsten Teilen der Serie „BIM-Praxis: TGA“ werden die verschiedenen Argumente und Vorschläge exemplarisch diskutiert.


