
BIM-Praxis: TGA (Teil 1)
BIM bietet im Bereich der TGA vielfältige Einsatzmöglichkeiten und Vorteile. Doch oftmals kommt die Methode noch nicht zum Einsatz. Woran das liegt und welche Lösungen es für den Planungseinsatz gibt, wird in der vorliegenden Artikelserie aus unterschiedlichen Perspektiven vorgestellt.
BIM als Planungsstandard oder Ausnahme?
Man sollte meinen, dass sich die Methode Building Information Modeling (BIM) aufgrund der Vielzahl von Veröffentlichungen, Leitfäden, Leistungsbildern und Selbstverpflichtungen der öffentlichen Hand mittlerweile als gebräuchliche Methode in der TGA etabliert hat. Leider ist dies nicht der Fall.
Man sieht zwar immer wieder erfolgreiche Pilotprojekte, die in Fachzeitschriften und sozialen Medien vorgestellt werden, aber die Durchdringung von BIM in der Masse der Projekte fehlt. Manchmal macht es sogar den Eindruck, als sei der umfängliche Einsatz von BIM derzeit sogar bei vielen Projekten wieder auf dem „Rückzug“. Warum ist dies so?
Was ist das Ziel von BIM ?
Spricht man mit Projektbeteiligten, hört man unterschiedliche Meinungen über die Zurückhaltung des Marktes. Ein Grund könnte das Fehlen einer Diskussion zum konkreten Mehrwert von BIM für die Kunden und der praktische Nutzen für den jeweiligen Projekttyp sein.
BIM wird zudem vielfach aus der rein technischen Sichtweise oder aus Perspektiven des Planungsprozessablaufs heraus diskutiert. Zweifellos entstehen durch das BIM-Universum eine Vielzahl an technischen Möglichkeiten und Raffinessen, aber dienen diese tatsächlich dem Nutzen der Kunden?
Ebenso wird zu Recht darauf hingewiesen, dass BIM letztlich das Fundament der unbedingt notwendigen Digitalisierung in der Planungs- und Baubranche darstellt und schon allein deshalb eingesetzt werden sollte. Leider verfangen sich diese Argumente oft nicht in den Diskussionen mit den Auftraggebern.
Die Hoffnungen auf eine höhere Effizienz und Effektivität der Planungs- und Bauprozesse haben sich – nach einer gewissen Anfangseuphorie – bisher jedenfalls – noch nicht erfüllt. Vielleicht sind aber auch die Erwartungen und die darauf ausgerichteten Prozesse nicht ganz in die richtige Richtung gegangen.
Oft werden die Vorteile von BIM für das Projekt von den Beteiligten nicht klar dargestellt. Zu sehr wird sich in den Regelungsdetails von AIA (Auftraggeber-Informationsanforderungen) und BAP (BIM-Abwicklungsplan) verloren. Dabei könnte BIM durchaus Mehrwerte liefern und damit einen Unterschied machen. Doch wie kann dieser gelingen?
Verschiedene Blickwinkel
In einem ersten Schritt ist die Entkopplung von der rein technischen Sichtweise dazu notwendig. Im Folgenden betrachten wir zunächst die unterschiedlichen Motivationen der Projektparteien.
a) Bauherr und Auftraggeber
Für den Bauherrn haben Kosten- und Terminsicherheit die oberste Priorität. Und auch wenn diese Priorität für Technikplaner oft frustrierend ist, interessiert den Bauherrn das „Wie“ in der Art der Zielerreichung eher wenig. Das „Wie“ ist nicht sein Kerngeschäft, dafür bezahlt er Planer und Architekten. BIM ist aus dieser Perspektive nicht mehr als eine Planungsmethode.
Viele Auftraggeber schrecken zudem vor den zahlreichen Spezialbegriffen und Abhängigkeiten zurück, sie befürchteten Komplikationen mit BIM zurück, zum Beispiel Planableitungen aus dem 3D-Modell. Oft haben die Bauherrenorganisationen auch schlicht weder das Personal noch die Zeit, um sich intensiv damit zu beschäftigen. Daher gelingt es selten, dem Bauherrn den Mehrwert von BIM zu vermitteln. Dieser muss sich aus Sicht des Auftraggebers an seinen Prioritäten orientieren. Diese sind nun eben Kosten- und Terminsicherheit.
Kostensicherheit kann durch die hohe Detailtiefe der Modelldarstellung geschaffen werden. Damit entsteht über die Qualität der Planung und Darstellungstiefe die notwendige Massensicherheit. Außerdem wird über eine detaillierte Ausplanung und Darstellung das Nachtragsrisiko in der Bauphase stark verringert. Hier kann BIM klar seinen Vorteil ausspielen. Allein die räumliche 3D-Darstellung hilft den Parteien, sich besser mit der TA (Technischen Ausrüstung) auseinandersetzen, als die 2D-Planung auf einem Planausschnitt im Maßstab 1:100 mit „bunten“ Linien.
Die Terminsicherheit wiederum wird ebenfalls durch die verbesserte Darstellung von BIM verbessert. Die Prüfung der Baubarkeit und der Kollisionssicherheit kann teilautomatisiert gemeinsam durchgeführt werden. Nur so lassen sich beim Übergang von Planung zur Ausführung die üblichen Diskussionen zur Planungsqualität und der Umsetzung vermeiden. Diese führen typischerweise zu Verzögerungen des Baubeginns. Das führt zu Bauzeitverlängerungen und erhöhten Folgekosten.
Daher zahlt die erhöhte Qualität der Planungsdarstellung durch BIM auf beide Ziele ein – mit klaren Vorteilen gegenüber herkömmlichen Planungsmethoden.
Bauherren bringen allerdings häufig das Argument, dass Planer die Erfüllung dieser Ziele bereits über das normale werkvertragliche Leistungsbild (meist in Kombination mit HOAI) ohnehin schulden. Warum also BIM und warum damit einhergehend vielleicht sogar höhere Honorare? An diesem Punkt gehen den meisten Planern die Argumente aus. Vor allem, wenn sie mit ausgefeilten BIM-Qualitäten, LODs (Level of Detail), LOGs (Geometric Level) und seitenlangen Attributslisten technisch argumentiert haben.
Wichtiger ist es daher, sich als TA-Planer auf die Sichtweise des Bauherrn einzulassen und sich vor allem auf das Ergebnis und den praktischen Mehrwert für den Auftraggeber zu konzentrieren. In der TA ist dies eindeutig der 3D-Anteil in der BIM-Methode, da diese – zumindest bisher – nicht als geschuldete Grundleistung definiert ist.
Zwar kann auch hier ebenso mit dem „geschuldeten Werkerfolg“ argumentiert werden, jedoch entsteht durch das 3D-Modell ein leichter darstellbarer Mehrwert. Dieser entsteht über die kleinteilige Kollisionskontrolle und die Diskussionsmöglichkeiten mit der Baufirma an einem Modell. Zudem lassen sich Technikflächen besser plausibilisieren und die Koordination in der TA besser darstellen und prüfen.
Ist der Bauherr zudem Eigennutzer bzw. beschäftigt sich noch mit Facility Management kann natürlich der digitale Zwilling ebenfalls einen großen Mehrwert darstellen. Dieser entsteht aber sinnvollerweise erst als „As-built-Modell“ am Ende des Projektes. Zu oft wird noch im Bauablauf in die Planung eingegriffen.
Mehr ist es oft nicht. Aber auch nicht weniger. Zwar kann das Planungsteam über die Kommunikation im Modell ggf. besser arbeiten, aber dies ist ein Benefit für die Koordination des Teams, was eben nur latent auf die Ziele des Bauherrn einzahlt.
In diesem Zusammenhang sollte auch nicht vergessen werden, dass der Mehrwert von BIM vom schwächsten Glied im Planerteam abhängt. Hat ein Fachplaner keine Erfahrung oder fallen ihm BIM-Spezialisten aus, ist der Einsatz von BIM schnell nicht mehr möglich. Aus Sicht der Auftraggeber ist daher in der Praxis festzustellen, dass in vielen Projekten BIM in reduzierter Form in der TA einen höheren Mehrwert erzeugt als eine überbordende Prozesslandschaft. Dieses Vorgehen erleichtert auch den Einstieg für viele Bauherrn.
b) TA-Fachplaner
Vielen TA-Planern wird im Angebotsprozess das Thema BIM über die AIA von Dritten vorgesetzt. Anmerkungen zur Sinnhaftigkeit der AIA werden oft nicht gemacht, um den Angebotserfolg nicht zu gefährden. Schließlich will man den Auftraggeber nicht verärgern. Im Zuge des Projektes wird dann abgearbeitet, um die vereinbarte Leistung zu erbringen – koste es, was es wolle.
Dabei werden oft Darstellungstiefen erzeugt, die für den Planungsprozess völlig unnötig sind und sogar manchmal dem eigentlichen Sinn der Hauptleistung zuwiderlaufen (vgl. Darstellungstiefe BIM vs. Konzeptphase Lph 2). Dies führt zu einem erhöhten Zeit- und Kostenaufwand, der wiederum unnötig Honorar und Zeit verbraucht.
Dabei deckt sich der Mehrwert für den TA-Planer größtenteils mit dem des Auftraggebers. So ist die Kollisionsfreiheit ab Lph 3 auch für ihn ein immenser Vorteil, um die Mangelfreiheit der eigenen Leistung nachzuweisen. Dieser Vorteil wird noch interessanter in Lph 5 bei der Übergabe an das ausführende Unternehmen. Dabei wird oft übersehen, dass das wichtigste BIM-Modell bei HOAI-Verträgen auf der Teilleistung e) der Lph 5 beruht. Sie ist die letzte Planungsleistung des TA-Fachplaners.
e) Fortschreiben der Ausführungsplanung auf den Stand der Ausschreibungsergebnisse und der dann vorliegenden Ausführungsplanung des Objektplaners, Übergeben der fortgeschriebenen Ausführungsplanungan die ausführenden Unternehmen.
Leider wird diese Grundleistung der HOAI oft nicht mehr in das Modell eingearbeitet. Manchmal aufgrund von Zeitdruck, manchmal aus Unkenntnis. Dabei würde eine Erbringung dieser Leistung viele Probleme in der Abwicklung erheblich vereinfachen. Ein weiterer Vorteil ist ab Lph 3 die Massensicherheit über das Modell. Inwieweit bis dahin die Attributierungstiefe für welche Gewerke sinnvoll ist, wird in den nächsten Teilen der Artikelserie betrachtet.
Ein weiteres Problem von BIM in der Praxis entsteht, wenn die BIM-Methode nicht stringent in allen Verträgen verankert ist. So fehlt meist die Verpflichtung für die ausführenden Unternehmen, mit dem Modell weiterzuarbeiten. Damit wird einer der wesentlichen Vorteile, die lückenlose Informationsweitergabe, ad absurdum geführt.
Dies liegt auch daran, dass vor allem im Mittelstand die Baufirmen ihre Prozesse noch nicht auf BIM angepasst haben. Nach wie vor werden auf der Baustelle 2D-Grundrisse mit Vermaßung auf Papier benötigt. Zudem werden die ausführenden Firmen in den Verträgen nicht verpflichtet, selbst Schnitte oder Details aus dem Modell zu generieren. Man fällt also wieder auf den Prozess zurück, den wir in den letzten 30 Jahren verinnerlicht haben.
Bauherrn haben sich in den letzten Jahren gescheut, BIM von den ausführenden Unternehmen zu fordern, da es im Bereich der TGA ohnehin kaum Bieter gab. Komplexere Anforderungen hätten das überschaubare Bieterfeld noch weiter verkleinert. Ob sich dies nun ändert, bleibt abzuwarten. Klar ist, dass die fehlende Stringenz bei der Modell- und Informationsübergabe der BIM-Methode viel von ihrem Nutzen nimmt.
c) Ausführende TA-Firmen
Wie erwähnt, ist BIM für viele ausführende Firmen oft mehr Hindernis als Vorteil. Das Erstellen der M+W Planung (Werkstatt- und Montageplanung) im BIM-Modell wird in der Praxis kaum umgesetzt, obwohl dies enorme Vorteile hätte. In vielen Projektteams ist auch der Digitalisierungsgrad zwischen den einzelnen Gewerken so hoch, dass ein gemeinsames Arbeiten im Modell unmöglich erscheint. Vor allem bei BIM entscheidet das „schwächste“ Glied in der Kette über den Erfolg.
Auch den Baufirmen fehlen schlicht die personellen Ressourcen für die Modellierung. Die Planungsabteilungen wurden aus verschiedenen Gründen verkleinert, meist geschieht dies aus einem Mangel an Fachkräften. Nicht zu vergessen, dass die notwendige Softwarelandschaft, vor allem wenn mehrere TA-Gewerke benötigt werden, auch finanziert werden muss. Dabei sind nicht nur die Kosten für Software, sondern auch die Kosten für Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für kleinere Betriebe schwierig darzustellen. Zu gering sind die Margen der Branche, um große Investitionsprogramme für die „BIM-Revolution“ zu starten.
Zudem erschwert die in Deutschland weit verbreitete Praxis der Unter-Unter-Beauftragung von Subunternehmern die Nutzung von BIM. Es gilt: Je kleinteiliger die Auftragsbearbeitung, je schwieriger die Umsetzung der digitalen Methoden. Komplexe BIM-Vertragsstrukturen kleinen Betrieben überzustülpen, macht oft keinen Sinn. Mit der Folge, dass Subunternehmer mit dem digitalen Modell nicht zurechtkommen müssen. So klappt Digitalisierung nicht.
Aber selbst große Baukonzerne schaffen keine durchgängige Informationsübergabe mit der BIM-Methode von Planung zu Ausführung – jedoch aus anderen Gründen. Großkonzerne haben oft eigene Bauteildatenbanken und Attributierungssysteme im Einsatz, die auf ihre internen Bestell- und Einkaufsprozesse abgestimmt sind. Als Folge wird dann oft das gesamte Modell des Planers „nachmodelliert“, egal wie gut dieses ist. Dieses Vorgehen stellt einen immensen Informations- und Effizienzverlust dar.


