Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen 2024 Bild: Deutscher Bundestag / Stella von Saldern
 | News

Bundestag: Bauausschuss nimmt „Bau-Turbo“ in den Fokus

Der von der Bundesregierung geplante „Bau-Turbo“ hat in einer öffentlichen Anhörung des Bundestagsausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen breite Zustimmung für sein Ziel der Schaffung von mehr Neubau erfahren. Die Einschätzungen der Sachverständigen über den Weg dorthin gingen jedoch stark auseinander.

Der Entwurf erlaubt es Kommunen bis Ende 2030, zusätzliche Wohnungen auch ohne Bebauungsplan zuzulassen, mehr Wohnbebauung in Gewerbenähe zu genehmigen und Lärmschutzauflagen flexibler auszulegen.

Von Sachverständigen begrüßt, aber als ausbaufähig bewertet

Die kommunalen Spitzenverbände unterstützen die Vereinfachungen, verweisen aber auf ungelöste Hauptprobleme: steigende Bau- und Finanzierungskosten, Fachkräftemangel, Materialengpässe. Auch die Wohnungswirtschaft (Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Bundesverband der Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW)) sieht im Bau-Turbo nur einen einzelnen Baustein – notwendig sei ein ganzes Maßnahmenpaket.

Bauturbo nur mit BIM

Damit die neuen Spielräume ihre erwartete Wirkung entfalten können, sind nach Ansicht von buildingSMART Deutschland in einem weiteren Schritt mehr als nur Gesetzesänderungen erforderlich. Digitale Bauwerksmodelle, automatisierte Prüfverfahren und strukturierte Informationsflüsse können dazu beitragen, Genehmigungsprozesse deutlich zu beschleunigen und sie gleichzeitig nachvollziehbarer, konsistenter und besser steuerbar zu machen.

buildingSMART Deutschland sieht hier eine zentrale Aufgabe für den Staat: Er muss digitale Verfahren nicht nur zulassen, sondern auch gezielt fördern, einsetzen und zur Grundlage seines eigenen Verwaltungshandelns machen. Dazu gehört es, technische Standards verbindlich vorzugeben, digitale Prüfprozesse zu ermöglichen und die langfristige Nutzbarkeit der Daten sicherzustellen – etwa für Umnutzung, Nachverdichtung oder die strategische Steuerung von Infrastrukturen.

„Digitale Bauwerksmodelle sind mehr als technische Hilfsmittel – sie schaffen die Datengrundlage für fundierte Entscheidungen über die gebaute Umwelt. Damit daraus Mehrwert entsteht, braucht es Standards, Verbindlichkeit und den politischen Willen, sie auch einzusetzen.“
Prof. Dr.-Ing. Cornelius Preidel, buildingSMART Deutschland

Überblick über Streitpunkte

  • Mieterschutz vs. Marktöffnung: Der Deutsche Mieterbund fordert eine Verlängerung des Umwandlungsverbots von Miet- in Eigentumswohnungen. Die Immobilienwirtschaft lehnt dies als Eingriff in den Markt ab.
  • Geschossbau vs. Einfamilienhaus: Die Bundesarchitektenkammer will die neue Regelung auf Mehrfamilienhäuser beschränkt sehen, um einen echten Wohnraumeffekt zu erzielen.
  • Planungssicherheit vs. Befristung: Viele Sachverständige halten das Ende des „Bau-Turbos” im Jahr 2030 für zu früh und fordern längere Laufzeiten.

Kritische Stimmen

  • Architects for Future betonten, dass der Bau-Turbo die Bauwende im Sinne von Klima- und Ressourcenschutz nicht vorantreibe.
  • Vertreter der AfD-nahen Sachverständigen kritisierten die Fokussierung auf das Planungsrecht. Sie forderten stattdessen steuerliche Entlastungen, Zinsstützungen und eine Rücknahme energetischer Vorgaben.

Unstrittig ist: Deutschland braucht schnell mehr und bezahlbaren Wohnraum. Doch der „Bau-Turbo” allein wird nach Ansicht vieler Experten nicht genügen. Ob das Gesetz tatsächlich Wirkung entfaltet, hängt von seiner Ausgestaltung ab.

Weiterlesen: Haushalt 2025: Bauministerium mit 7,37 Milliarden Euro – Kürzungen bei Regionalentwicklung und Innovation