BIM.RuhrBIM.Ruhr
 | Planen, Best Practice, Bauen

AIA und BAP: Entwicklungsprozess, gemeinsames Ziel und Ausblick

Wie kann Building Information Modeling, kurz BIM, in Kommunen nutzbar gemacht werden? Warum bedarf es einer Auftraggeber-Informationsanforderung (AIA) und einem BIM-Abwicklungsplan (BAP), die an die kommunalen Rahmenbedingungen sowie Anforderungen angepasst sind? Und welches Ziel verfolgen diese Dokumente?

Dr. Signe Mikulane , Elena Straßenmeyer, Annika Zimmermann

Vor dem Hintergrund des Sanierungsstaus in Nordrhein-Westfalen und dem hinzukommenden Fachkräftemangel in Kommunen bedarf es einer Methode, die die knappen Ressourcen bindet und erfolgsbringend einsetzt. BIM bietet in diesem Rahmen eine geeignete Arbeitsweise. 

Dreieck aus Wissenschaft, kommunaler Verwaltung und Bauwirtschaft

Ein Lösungsansatz, um die Methode effizient in Kommunen und der hiesigen Bauwirtschaft zu etablieren, wurde im Projekt "Netzwerk Building Information Modeling Mittleres Ruhrgebiet" (BIM.Ruhr) erforscht. Das Projekt setzte sich mit der benötigten Digitalisierungsoffensive sowie der Prozessoptimierung auseinander. Es stellt mit seinem triangulären Ansatz, der sowohl Wissenschaft und kommunale Verwaltung als auch die Bauwirtschaft mit besonderem Blick auf kleine und mittelständige Unternehmen (KMU) einbezieht, eine Plattform zum gemeinsamen niedrigschwelligen BIM-Einstieg bereit.

Die Kooperationspartner – die Hochschule Bochum, Universität Duisburg-Essen und der Kreis Recklinghausen mit den Städten Bochum und Herne – teilten die einzelnen Arbeitspakete untereinander auf, um die unterschiedlichen Herausforderungen und Aufgabenebenen auf dem Weg zur BIM-Einführung zu lösen. Zentrale Werkzeuge sind hier Richtlinien und hinreichend dokumentierte Best-Practice-Projekte

Mit der Veröffentlichung einer Vorlage für Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA) und den BIM-Abwicklungsplan (BAP), die auch die Ergebnisse der BIM.Ruhr-Pilotvorhaben aus Hoch-, Tief- und Infrastrukturbau darstellen, hat das Forschungsvorhaben zum Ziel, an dieser Stelle Abhilfe zu schaffen. Die Dokumente können dabei als Fortschrift der bereits bestehenden Standards gesehen werden, die vor allem im sich schnell verändernden BIM-Feld einer kontinuierlichen Weiterentwicklung bedürfen.

Als Grundlage für die AIA-Vorlage des BIM.Ruhr-Projekts diente eine umfangreiche Recherche inländischer und europäischer Fachliteratur. Basierend auf den daraus gewonnenen Erkenntnissen wurden Diskussionen in entsprechenden Arbeitsgruppensitzungen sowie Interviews mit ausgewählten Kommunen geführt, wodurch sich die kommunalen Rahmenbedingungen herausgestellt haben.

Einfache Handhabung der AIA- und BAP-Vorlagen

Die Arbeitsdokumente wurden entsprechend den Impulsen aus den Arbeitsgruppen hauptsächlich durch vorgefertigte Tabellen strukturiert, die auf die Anforderungen der Auftraggeber und Auftragnehmer eingehen. Die bereits erstellten Tabellen müssen nur von beiden Seiten ausgefüllt oder angekreuzt werden. Mit dieser Struktur wird das Ziel verfolgt, eine möglichst einfache Handhabung der Dokumente zu gewährleisten und diese leicht verständlich zur Verfügung zu stellen. Außerdem kann so die Bearbeitungsdauer der für die Ausschreibung relevanten AIA minimiert werden. Gleiches gilt für den von der Auftragnehmerseite auszufüllenden BAP.

BIM.Ruhr: Leitfaden und Handlungsempfehlungen – AIA und BAP

Bildcredit: BIM.Ruhr

Für das Ausfüllen der Vorlagen ist ein Zweiphasenprinzip vorgesehen. In der ersten Phase wird die leere AIA-Vorlage mit Informationen durch den Auftraggeber ausgefüllt und gegebenenfalls ergänzt. Die BAP-Vorlage wird in der zweiten Phase vom Auftragnehmer mit Informationen bestückt.

Da die Vorlagen der beiden Dokumente analog zueinander strukturiert sind, können sie als direkte Antwort aufeinander gesehen werden. Dies führt dazu, dass man sich lediglich einmal in die Thematik dieser beiden Dokumente einarbeiten muss. Dadurch werden das Ausfüllen sowie die auftretenden Problematiken bei der Bearbeitung minimiert.

Durch dieses Zweiphasenprinzip ergibt sich außerdem die Möglichkeit, die Vorlage als Muster-BAP zu verwenden. Das stellt in erster Linie einen enormen Vorteil für die Auftragnehmer dar, weil direkt zu erkennen ist, welche Anforderung die öffentliche Verwaltung an den BAP hat.

Struktur und benötigte Informationen werden bereits mit der Ausschreibung durch den an die AIA angelehnten Muster-BAP festgelegt und veröffentlicht. Dieser Schritt muss deshalb nicht in Eigenarbeit vom Auftragnehmer erledigt werden, der außerdem den zusätzlichen (Zeit-)Aufwand bei den einzureichenden Angeboten einsparen kann, weil alle demselben vorgegebenen Muster des Auftraggebers folgen. So können auch die eingegangenen Angebote effektiver miteinander verglichen werden, was die Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots gemäß VOB/A für den Auftraggeber vereinfacht (1).

Kooperation über den Projektabschluss hinaus

Beide Dokumente durchliefen vor der Veröffentlichung eine umfangreiche Kommentar- und Revisionsphase, sodass gewährleistet wird, dass sie bestmöglich an die Bedürfnisse der Auftragnehmer- sowie Auftraggeberseite angepasst sind. Beide Seiten hatten innerhalb einer umfangreichen Diskussion Ende 2022 die Chance, die BAP-Vorlage, die bereits zwei Monate vor dem Treffen an die Teilnehmenden versandt wurde, bei Bedarf zu verändern. Die AIA-Vorlage durchlief diesen Prozess früher und war schon fertiggestellt.

Um eine möglichst öffentlichkeitswirksame Publikation der Abschlussdokumente zu erzielen und den innovativen Dialog aus dem BIM.Ruhr-Netzwerk fortzuführen, wurden die Handreichungen auf dem BIM.Ruhr-Abschlusskongress in Herten im März 2023 vorgestellt und veröffentlicht. Der BIM.Ruhr-Kongress bildete die Abschlussveranstaltung des Forschungsvorhabens und damit auch die Möglichkeit, allen Interessierten einen Ausblick über BIM.Ruhr hinaus zu geben. Allen Projektbeteiligten ist es ein großes Anliegen, dass der Wissenstransfer auch über den Projektabschluss hinaus fortgeführt wird und insbesondere das Netzwerk weiter Bestand hat.

Fest steht: Die BIM.Ruhr-Parteien sowie alle Netzwerkmitglieder sind bestrebt, weiter gemeinsam die Schritte in Richtung BIM zu gehen und dies auch in andere Kommunen und KMU zu tragen.

 Der Leitfaden sowie weitere im Rahmen des BIM.Ruhr-Projektes entwickelten Dokumente und Vorlagen können hier kostenlos heruntergeladen werden.

(1) VOB/A, Paragraph 2, Abs. 1, Satz 2.

Autor/innen

Dr. Signe Mikulane

Dr. Signe Mikulane

Wissenschaftliche Mitarbeiterin 

Dr. Signe Mikulane ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am BIM Institut der Hochschule Bochum, Projekt BIM.Ruhr. Sie promovierte zum Dr. rer. nat. im Fach Geographie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Zuvor studierte sie Geographie (Hauptfach), Geowissenschaften, Fachrichtung Geologie-Paläontologie/Mineralogie und Ethnologie (Nebenfächer) an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. 

Elena Straßenmeyer

Elena Straßenmeyer

wissenschaftliche Mitarbeiterin des IBB 

Elena Straßenmeyer ist Masterabsolventin der Universität Duisburg-Essen (UDE) im Bauingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Baubetrieb und Wirtschaftswissenschaften. Sie absolvierte ihren Bachelor an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen (WHS GE) im Bereich TGA. Für das Forschungsprojekt BIM.Ruhr war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Baubetrieb und Baumanagement (ibb) der UDE tätig. In dessen Kontext erforschte sie die kommunalen Herausforderungen hinsichtlich der BIM-Methodik auf Anwendungsebene. Seit April 2023 ist sie bei der Amprion GmbH im Bereich BIM angestellt.

Annika Zimmermann

Annika Zimmermann

Projekt- und Netzwerkmanagerin

Annika Zimmermann ist Projekt- und Netzwerkmanagerin für das Projekt BIM.Ruhr beim Kreis Recklinghausen, Amt für Kataster und Geoinformation. Sie erwarb einen Abschluss als M.A. in den Fächern Medienkulturwissenschaft und English Studies an der Universität zu Köln und ist Bachelorabsolventin der Ruhr-Universität Bochum in den Fächern Medienwissenschaft und Anglistik/Amerikanistik.