Studie: Bauwirtschaft soll sich 2025 erholen
Nachdem die Umsatzentwicklungskurve über die vergangenen drei Jahre stetig gesunken ist, blicken Unternehmensverantwortliche großer Bauunternehmen auf 2025 erstmals wieder positiv. Das geht aus rund 50 persönlichen Tiefeninterviews mit Geschäftsführungs- und Vorstandsmitgliedern hervor, die die Managementberatung Horváth Ende des zweiten Quartals 2024 geführt hat und deren Ergebnisse in die Ende Juli 2024 veröffentlichte Studie „Branchentrends Baugewerbe“ geflossen sind.
Demnach wird für das kommende Jahr im Durchschnitt ein Plus von 3,8 Prozentpunkten erwartet. Während Liquiditätssicherung im vergangenen Jahr noch an erster Stelle der wichtigsten Managementthemen stand (von 67 Prozent als „sehr wichtig“ bewertet), liegt es jetzt an siebter Stelle (38 Prozent „sehr wichtig“). Neu auf Platz eins steht die Optimierung von Kosten- und Ertragsstrukturen.
Durch die Kostenoptimierung verhindern die Unternehmen größere Gewinnrückgänge im laufenden Jahr. Sie rechnen für 2024 laut den Ergebnissen durchschnittlich mit einem leichten Umsatzminus von 0,1 Prozentpunkten. Grund für die Negativentwicklung sind Marktunsicherheiten, die sich sowohl bei Investoren als auch bei privaten Bauherren in Abwarten und Zurückhalten ausgewirkt haben.
Jetzt, wo sich der Leitzins stabilisiert hat und die Baukosten nicht weiter in die Höhe treiben, zieht der Markt allmählich wieder an, heißt es in einer zu Studie gehörenden Mitteilung der Managementberatung. Zwei Drittel der befragten Unternehmen rechnen für 2025 mit einer positiven Umsatzentwicklung.
Die Interviews brachten zudem hervor, dass für 53 Prozent der befragten Firmen der Handwerker- und Fachkräftemangel ein sehr großes Problem ist, für weitere 30 Prozent ein großes Problem. Die Mehrheit der Firmen rechnet damit, dass die Baukosten aufgrund steigender Personalkosten auch wieder in die Höhe klettern, gerade im Hauptbaugewerbe.
Potenzial für weitere Verbesserung von Kosten- und Erlösstrukturen gibt es laut Ralf Sauter, Studienleiter und Partner bei Horváth, zufolge genug. „Reines personelles Cost-Cutting bringt die Firmen nicht weiter, für nachhaltige Verbesserungen müssen die Strukturen tiefergehend verschlankt und neu organisiert werden. Da ist die Branche noch nicht so weit wie andere Industrien.“
Hinter den Themen Kostenmanagement und Fachkräftemangel rangiert der Branchentrend „nachhaltige Produkte und Kreislaufwirtschaft“. Das Thema wird von 47 Prozent der Unternehmen als drängend erachtet, von weiteren 37 Prozent als wichtig. Im Vergleich zu anderen Branchen habe das Thema aufgrund der steigenden Nachfrage nach nachhaltig gebauten und betriebenen Gebäuden sowie dem Hinterherhinken in Bezug auf die ESG-Kriterien eine höhere Bedeutung. Ralf Sauter sagt: „Die Firmen fangen jetzt erst an, auf Scope drei Ebene ihre Produktion nachhaltiger zu gestalten.“ Was den Unternehmen bei der Dekarbonisierung jedoch enorme Probleme bereite, sei die flächendeckende Entwicklung und zeitnahe Zulassung kreislauffähiger Bauprodukte, sowie ganzheitliche Lösungen zur Materialrückführbarkeit.
Aufholpotenziale gibt es außerdem beim Einsatz Künstlicher Intelligenz, auch wenn Ralf Sauter die Situation noch nicht als kritisch bewertet. Bezüglich des KI-Einsatzes geben sechs von zehn Firmen an, in diesem Thema höchstens im „Beginner“-Stadium zu sein, also sich erst noch ein Bild über Nutzungsmöglichkeiten zu machen beziehungsweise einzelne Anwendungen zu testen. „Man kann auch nicht sagen, dass im Bereich der Digitalisierung nichts passiert ist. Die Unternehmen haben die Auftragsflaute schon genutzt, um ihre digitale Transformation voranzutreiben. Allerdings sollte das unbedingt verzahnt mit organisatorischen Umstrukturierungen erfolgen“, so der Berater. Der Handlungsbedarf sei den Firmen durchaus bewusst. Die Digitalisierung ist in der Priorisierung im Vergleich zum Vorjahr um zwei Plätze nach oben gerückt.