
Neue DB-Strategie: Von BIM zum digitalen Anlagenlebenszyklus
Mit der neuen Strategie „Von BIM zum digitalen Anlagenlebenszyklus“ entwickelt die Deutsche Bahn (DB) ihre bisherige BIM-Roadmap konsequent weiter. Nach rund zehn Jahren erfolgreicher Anwendung der BIM-Methodik im Planen und Bauen rückt nun der gesamte Lebenszyklus der Infrastruktur in den Fokus – von der ersten Planung über die Bauausführung bis hin zu Betrieb, Instandhaltung und Rückbau.
Vom digitalen Planen zum digitalen Betreiben
So hat die DB seit Einführung der BIM-Methodik im Jahr 2015 spezifische Standards und Prozesse für das digitale Planen und Bauen etabliert. Und auch mit der jetzt vorgestellten neuen Strategie bleibt der Grundsatz „Erst digital, dann real bauen“ leitend. BIM hat sich zum Standard in der Eisenbahninfrastrukturplanung entwickelt und reduziert durch modellbasierte, kollaborative Prozesse Medienbrüche, Nachträge und Abstimmungsaufwand.
Allerdings erweitert die neue Strategie diesen Ansatz entscheidend: BIM-Daten sollen künftig über den gesamten Lebenszyklus hinweg nutzbar bleiben. Dafür wird eine gemeinsame, interoperable Datenlandschaft aufgebaut, in der Informationen aus Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung nahtlos zusammenfließen.
Digitaler Zwilling als Leitbild
Zentraler Bestandteil des neuen Zielbilds ist der digitale Zwilling der DB-Infrastruktur – ein virtuelles, stets aktuelles Abbild der realen Anlagen. Er bildet die Grundlage für ein vorausschauendes, datenbasiertes Instandhaltungs- und Betriebsmanagement. Sensorik, KI-gestützte Analysen und standardisierte Datenschnittstellen sollen künftig einen nahezu medienbruchfreien Informationsfluss ermöglichen.
Handlungsfelder und strategische Schwerpunkte
Die neue Strategie beschreibt elf Handlungsfelder – von Standards in Planung und Bauausführung über Dateninteroperabilität, Nachhaltigkeit und GIS-Integration bis hin zu Wissen und Qualifizierung.
Die Schwerpunkte sind:
- Standards in Planung und Bauausführung: Harmonisierung von BIM-Anforderungen und Etablierung modellbasierter Prozesse
- Datenübergabe in den Anlagenbetrieb: Automatisierte Überführung von Projektdaten in Betriebssysteme wie SAP
- Objekt- und Datenmodelle: Einheitliche Bibliotheken und semantische Standards
- Dateninteroperabilität: Vernetzung von BIM, GIS, SAP und weiteren Systemen
- GIS-Integration: Verschmelzung von detaillierten Bauwerksdaten mit räumlichem Kontext
- Künstliche Intelligenz: Einsatz von KI-Tools wie BahnGPT und NTPDataGO für automatisierte Prüfungen und Analysen
- Nachhaltigkeit: Integration von Ökobilanzen und CO₂-Bewertungen in BIM-Modelle
- Wissen und Qualifizierung: Kontinuierliche Schulung aller Beteiligten
- Behördenzusammenarbeit: Digitale Genehmigungsverfahren mit dem Eisenbahn-Bundesamt
- Common Data Environment (CDE): Zentrale Plattform für kollaboratives Arbeiten
- Multimodell-Konzepte: Verknüpfung verschiedener Fachmodelle ohne zentrale Datenmonolithen
Daten als Rückgrat der Digitalisierung
Die DB-Infrastruktur versteht Daten künftig als „unternehmenskritisches Asset“. Ziel ist eine durchgängige, standardisierte und systemübergreifende Datenlandschaft, die offene Formate wie IFC, COBie oder CityGML nutzt. Nur mit interoperablen Datenstrukturen lassen sich Digital Twin, KI und Automatisierung im vollen Umfang realisieren.
Nachhaltigkeit und Klimaziele
Mit Blick auf das Klimaschutzgesetz des Bundes und das eigene Ziel der Klimaneutralität bis 2040 sieht die DB die Digitalisierung als Schlüsselinstrument für nachhaltiges Bauen und Betreiben. Projekte wie GreenBIM binden ökologische Kennwerte in BIM-Modelle ein und ermöglichen die frühzeitige Bewertung von CO₂-Emissionen und Ressourceneffizienz.
Herausforderungen und Risiken
Die Umsetzung erfordert erhebliche Investitionen in Schulung, IT-Infrastruktur und Prozessumstellung. Datensicherheit, Interoperabilität und der kulturelle Wandel weg vom „Silodenken" sind zentrale Herausforderungen. Der wirtschaftliche Nutzen stellt sich erst mittel- bis langfristig ein, so die Prognose.
Ausblick: Infrastruktur der Zukunft
Die Strategie „Von BIM zum digitalen Anlagenlebenszyklus“ schafft die Grundlage für eine starke, zukunftssichere und nachhaltige Infrastruktur. Sie erweitert die BIM-Methodik von einem Werkzeug für das digitale Planen und Bauen hin zu einem integrativen Ansatz für den gesamten Anlagenlebenszyklus – mit klaren Vorteilen für DB, Auftragnehmer, Behörden und letztlich auch für die Fahrgäste.
So lassen sich die folgenden Vorteile der erweiterten Strategie konkret benennen:
- Für die DB: Effizienzsteigerung, Kostenreduktion um bis zu 10% bei CapEx (Capital Expenditures) und OpEx (Operating Expenses), verlängerte Lebensdauer der Anlagen
- Für den Bund: Vorreiterrolle in der Digitalisierung, effizientere Genehmigungsverfahren
- Für Auftragnehmer: Höhere Planungssicherheit, einheitliche Standards, bessere Kommunikation