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Drei Produktivitätshebel für den Hochbau

Aufgrund der unterschiedlichen Gewerke und Akteure und auch, weil jedes Bauwerk ein Einzelstück ist, ist die Produktivitätsentwicklung im Baugewerbe im Vergleich zu anderen Branchen niedriger. Doch gleichzeitig sei die Steigerung der Produktivität entlang der Wertschöpfungskette des Bauens einer der Schlüssel, um mehr Wohnraum in Deutschland zu schaffen und Kostenpotenziale zu erschließen, sagte Steffen Mechter, Leiter Geschäftsbereich Bau der BayWa AG, im Rahmen der im April 2023 gemeinsam von BayWa und der Strategieberatung EY-Parthenon veröffentlichten Studie „Ausbaufähig – Wie die Baubranche ihre Potenziale entfalten kann“. Das Bauen der Zukunft müsse deutlich digitaler, standardisierter und damit kosteneffizienter werden, so Steffen Mechter weiter, der auch Co-Autor der Studie ist.

 Die Analyse brachte hervor, dass bei einer intensiveren Nutzung der bestehenden Möglichkeiten durch die industrielle Vorfertigung von Bauteilen, die digitale Vernetzung und das serielle Bauen mit den bestehenden Ressourcen sowohl bis zu 15 Prozent mehr Gebäude errichtet als auch zehn Prozent der Kosten eingespart werden könnten.

Hebel 1: die industrielle Vorfertigung 

Demnach sei im Hochbau der wirkungsvollste Hebel für eine Produktivitätssteigerung die industrielle Vorfertigung. Wenn Arbeitsschritte von der Baustelle in eine Fabrikhalle verlagert und dort Bauteile in optimierten und zum Teil automatisierten Prozessen erstellt werden, würden viele Arbeitsschritte verkürzt und vereinfacht – mit klarer Ersparnis von Kosten und Zeit. Dabei könne die industrielle Vorfertigung unterschiedliche Formen annehmen, wie es in der Studie heißt: Vom Einsatz vormontierter Baugruppen bis zum Bau von vorab komplett ausgestatteten Raummodulen inklusive technischer Ausstattung. Björn Reineke, Partner bei EY-Parthenon, erklärt: „Beim elementbasierten Bau lassen sich beispielsweise bei einem Mehrfamilienhaus mit etwa 25 Wohneinheiten bis zu 15 Prozent der Kosten einsparen.“

 Weitere Vorteile des elementbasierten Bauens sei der unabhängig von Witterungsbedingungen mögliche Prozessdurchlauf sowie die teilweise Aufhebung der fragmentierten Arbeitsteilung. Außerdem mindere ein hoher Grad an Vorfertigung die Fehlerquote, Verzögerungen würden verhindert und der Betrieb auf der Baustelle würde effizienter und sicherer. Zeitlich könne die Verlagerung eines Teils der Wertschöpfung in die Werkshalle den Bauprozess sogar um bis zu 30 Prozent verkürzen. 

Hebel 2: eine digital gestützte Prozessoptimierung

Eine weitere Möglichkeit zu Produktivitätssteigerungen im Hochbau sehen die Studienautoren in einer digital gestützten Prozessoptimierung. Zwar sei die Hochbaubranche mittlerweile immer geübter im Einsatz digitaler Hilfsmittel, allerdings passiere noch einiges analog. So werde beim optimierten Bauprozess, beispielsweise gestützt durch BIM und nach Lean-Prinzipien, ein Teil der Entscheidungen in die Planungsphase vorverlagert. Dadurch nehme zwar die Planung mehr Zeit in Anspruch, die Bauphase werde jedoch verkürzt: Bis zu 15 Prozent Zeitersparnis seien möglich, was, je nach Bauwerk, mehreren Monaten entsprechen könne.

Ein weiterer Vorteil: Die optimierte Planung vermindere auch nachträgliche Plananpassungen, die häufig einen hohen Abstimmungsbedarf zwischen den Gewerken und somit Verzögerungen nach sich ziehen würden. Was höhere Kosten nach sich ziehe: zehn bis 20 Prozent Zusatzkosten müssten bei heutigen Bauprozessen zu den ursprünglich kalkulierten Kosten angenommen werden. Beim Bau eines Mehrfamilienhauses mit etwa 20 bis 30 Einheiten könnten diese Zusatzkosten durch den optimierten Bauprozess um bis zu 50 Prozent reduziert werden – im Verhältnis zu den Gesamtkosten also um bis zu zehn Prozent. 

Hebel 3: die serielle Herstellung

Den dritten wichtigen Produktivitäts-Hebel für die Hochbaubranche sehen die Studienautoren in der seriellen Herstellung, die in bestimmten städtebaulichen Situationen und in begrenztem Rahmen angewendet werden könne. Voraussetzung dafür seien größere und zur Verfügung stehende Flächen, die durch einen Investor entwickelt und bebaut werden. Hier werde eine einmalige Planung von Gebäuden vorgenommen, die dann mehrfach gebaut werden. Individuelle Abweichungen sind dabei nur in begrenztem Umfang möglich.

Vor allem für Siedlungen mit Ein- oder Mehrfamilienhäusern sei serielles Bauen anwendbar und bereits erprobt, sowohl im ländlichen Raum als auch in Städten.  Der dabei entstehende Wohnraum müsse dabei keineswegs monoton oder langweilig sein. „Neben dem deutlich geringeren Aufwand für die Planung lassen sich beim seriellen Bauen auch Skaleneffekte über den Einkauf großer Materialmengen erzielen,“ erläutert Strategieberater Reineke. Die parallele Umsetzung des Bauprojekts ermögliche zudem eine Prozessoptimierung, weil bei Verzögerungen Ausweichmöglichkeiten bestünden und Lerneffekte sofort übertragen werden könnten. Insgesamt können nach Berechnungen von EY-Parthenon und BayWa Bau dabei bis zu zehn Prozent der Kosten gegenüber individueller Bebauung eingespart werden. 

Die Studie „Ausbaufähig – Wie die Baubranche ihre Potenziale entfalten kann“ steht hier kostenfrei zur Verfügung.

Ergänzend dazu sind im bSD Verlag folgende Publikationen erschienen: