Neu: Internationale Practitioner-Zertifizierung

Céline und Mark, was ist eure Position bei buildingSMART International? Welche Aufgaben sind damit verbunden?

Céline Bent
In diesem Jahr habe ich angefangen, als Compliance Director bei buildingSMART International zu arbeiten. Diese Position ist neu in der Organisation. Ich bin für das Professional Certification Program und die Entwicklung anderer Dienstleistungen zuständig, die Menschen und Organisationen dabei unterstützen sollen, Open-BIM-Standards und -Lösungen effektiv umzusetzen. Bevor ich zu buildingSMART gewechselt bin, habe ich als Architektin gearbeitet und hatte verschiedene Führungspositionen in der Baubranche inne – hauptsächlich in den Bereichen Innovation und Nachhaltigkeit. Ich habe mich schon immer für Bildung interessiert und konnte auch in diesem Bereich schon Erfahrungen sammeln, z. B. als Surflehrerin für Kinder und als Dozentin für Innovationsmanagement an einer MBA-Universität. Ich hoffe, dass ich diese Erfahrungen nutzen kann, um das Wissen über Open-BIM weiter zu verbreiten und die Baubranche effizienter und nachhaltiger zu gestalten.

Mark Baldwin
Seit 2016 leite ich das Professional Certification Program. Gemeinsam mit dem Lenkungsausschuss des Programms und mehr als 100 internationale Experten habe ich sämtliche Entwicklungsschritte vom ersten Programmentwurf bis hin zum jetzigen Stand begleitet. Je mehr das Programm erweitert wurde, desto komplizierter wurde auch seine Verwaltung. Strategische, verwaltungstechnische und organisatorische Aspekte werden nun auf Compliance-Ebene unter der Leitung von Céline Bent als Compliance Director bearbeitet. Meine Aufgaben sind in erster Linie operativer Natur: Wobei ich mich vor allem auf die Entwicklung und Verbesserung der Inhalte in den beiden Programmstufen (Foundation und Practitioner) konzentriere.

Könnt ihr unseren Lesern einen internationalen Überblick über den aktuellen Stand der Foundation-Stufe geben? Welche Chapter bieten diese Stufe an?

Céline Bent
Die Foundation-Stufe des Professional Certification Program wurde erstmals im Jahr 2018 von buildingSMART Deutschland eingeführt und wird mittlerweile von 15 weiteren buildingSMART-Chaptern weltweit angeboten. Vier weitere Chapter planen die Einführung noch in diesem Jahr. Bisher wurden mehr als 10.000 Personen im Rahmen des Programms weitergebildet und konnten nach einer erfolgreich abgeschlossenen Prüfung das Zertifikat erhalten. Es ist unser Ziel, weiter zu expandieren und den Zugang zum Programm in möglichst vielen Märkten zu ermöglichen. Darüber hinaus ist es für uns wichtig, die Lerninhalte auf dem neuesten Stand zu halten und die Qualität der von uns angebotenen Dienstleistungen und Schulungen durch die Zusammenarbeit mit den Endnutzern weiter zu verbessern.

Mark Baldwin
Die Foundation-Stufe ist das Sprungbrett zur vollständigen Zertifizierung, d. h. der Practitioner-Stufe. Mithilfe dieser ersten Basisstufe war es uns möglich, auf bestimmte Marktbedürfnisse zu reagieren (wie bspw. die Erstbewertung von BIM-Kompetenzen). Auf dieser Stufe steht überwiegend die Wissenskomponente im Vordergrund. Darauf aufbauend vermittelt die Practitioner-Stufe anschließend konkrete Fähigkeiten und praktisches Fachwissen. Das Programm wurde weltweit sehr positiv aufgenommen. Obwohl einige Märkte mittlerweile für die Einführung der Practitioner-Stufe bereit sind, gibt es immer noch viele Länder, die sich in einem frühen Umsetzungsstadium befinden und somit nur ein Basis-Qualifizierungsprogramm benötigen. Wir erwarten ein langjähriges Wachstum des Foundation-Programms weltweit und wollen damit den Weg für die spätere Einführung der Practitioner-Stufe ebnen.

Was erwartet ihr von den ersten Chaptern, die das Practitioner-Programm einführen?

Céline Bent
Deutschland war das erste Land, das die Foundation-Stufe eingeführt hat, und ist nun erneut Vorreiter bei der Einführung der Profile BIM-Management und BIM-Koordination im Rahmen der Practitioner-Stufe.

Mark Baldwin
Die Digitalisierung in der Baubranche entwickelt sich ständig weiter. Das heißt das Professional Certification Program kann in fünf Jahren komplett anders aussehen als heute. Mit der Einführung der neuen Practitioner-Profile reagieren buildingSMART Deutschland und buildingSMART Österreich als erste Chapter auf ein besonders wichtiges Marktbedürfnis. Wir gehen davon aus, dass die Practitioner-Stufe für mehr Stabilität und eine effizientere Bewertung von BIM-Kompetenzen in diesen Märkten sorgen wird. Wir erwarten jedoch auch Feedback, um das Programm kontinuierlich weiterentwickeln zu können.

Wie wird die Prüfung auf der Practitioner-Stufe aufgebaut sein?

Céline Bent
Die Practitioner-Prüfung wird eine dreiteilige Struktur haben, dabei müssen die Teilnehmer eine komplexe Aufgabe lösen und eine Online-Prüfung sowie eine mündliche Prüfung absolvieren. Die Online-Prüfung findet auf unserer bereits bestehenden Qualifikationsplattform statt, während die mündliche Prüfung von einem Prüfungsausschuss durchgeführt wird.

Mark Baldwin
Die Prüfung orientiert sich an den jeweiligen Lernzielen der Profile BIM-Management und BIM-Koordination. Obwohl sich der Inhalt der Prüfung bei beiden Profilen deutlich voneinander unterscheidet, sind sie in verschiedene Kategorien gegliedert: Personen, Prozessdaten, Technologien und Rahmenbedingungen. Die Prüfung kann erst nach Abschluss einer Schulung bei einem zugelassenen Schulungsanbieter (mindestens 40 Lerneinheiten) absolviert werden. Und es gibt selbstverständlich bestimmte Voraussetzungen, die Personen erfüllen müssen, bevor sie sich für eine solche Schulung bewerben können. Dazu gehören ein tertiärer Abschluss und mindestens zwei Jahre praktische Erfahrung in einem BIM-Projektumfeld.

Welche Programme werden derzeit entwickelt oder voraussichtlich im Jahr 2023 eingeführt?

Céline Bent
Wir planen die Veröffentlichung einer bSI Compliance Roadmap, die sich mit der Zertifizierung anderer Konformitätsobjekte wie z. B. der Projekt- und Unternehmenszertifizierung befasst.

Mark Baldwin
Im Jahr 2023 wird es eine Reihe neuer Curricula auf der Foundation-Stufe geben, die auf den erfolgreichen Basic-Curricula und den neuen COBie-Curricula aufbauen. Dabei handelt es sich überwiegend um globale Themen, wie z. B. für beauftragende Parteien und beauftragte Parteien, aber auch um spezifische Curricula wie z. B. Infrastruktur und Gebäudeperformance. Auch die Practitioner-Stufe wird durch die Ergänzung von neuen Profilen weiterentwickelt. Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass die Practitioner-Stufe außerhalb Deutschlands und Österreichs auch in anderen Ländern eingeführt wird.