Mitek Industries
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Sanierung eines denkmalgeschützten Studierendenwohnheims zum klimaneutralen Wohnen 

Lage: Campus der TU Kaiserslautern 
Projektdauer: drei Jahre 
Planung: Katrin Kern Dipl.-Ing. Architektin, Kaiserslautern 
Ausführung: Hallenkonstruktion aus Nagelplattenbindern und Dacheindeckung mit ETFE-Kissen 
Gesamtkosten: 3.2 Millionen Euro 
Bauausführung: Holzbau Heil GmbH & Co. KG 

BIM-Anwendungsfall: Der Entwurf wurde als 3D-Modell erstellt und als IFC-Projekt exportiert. Auf dieser Grundlage wurden Statik und Ausführungsplanung von der MiTek Industries GmbH in Pamir erstellt. Die Ausführungsplanung wurde dann in Vectorworks reimportiert, um anhand einer überlagerten Darstellung die Ausführungsplanung zusätzlich für den Entwurf zu optimieren. 

Das Studierendenwohnheim ESA wurde in den 1980er-Jahren als Experimentalbau auf dem Campus der TU Kaiserslautern errichtet. Als Hallenkonstruktion überdacht eine schützende Außenhaut aus Folienkissen in einem Tragwerk aus Nagelplattenbindern die auf drei Etagen errichteten Häuschen beziehungsweise Zimmer mit ihren Terrassen und Gärten. 

Die Haus-in-Haus Konstruktion aus seriell gefertigten Elementen und innovativen Materialien war nach fast vier Jahrzehnten sanierungsbedürftig. 2019 stellt das Land Rheinland-Pfalz den innovativen Bau unter Denkmalschutz. 

Katrin Kern, Partnerin des Architekturbüros kksarch Kern Kirchmer Spitzley Architekten hat das Konzept für die Gebäudesanierung und den Neubau des Dachs entworfen. 

Die Stoßrichtung gab der Denkmalschutz vor: Wie bei der Planung des ursprünglichen Gebäudes sollte auch die Sanierung ein zukunftsweisendes Konzept verfolgen und mit dem Einsatz innovativer Produkte punkten. Für die Bauherren in den 1980er-Jahren war ein geringer Ressourcenverbrauch das wichtigste Ziel. Jetzt sollte mit der Sanierung das komplette Wohnkonzept klimaneutral werden, die CO2-Bilanz also auf Null sinken. 

Beim Entwurf für das neue Dach setzte Kern auf die bewährte Kombination von Nagelplattenbindern und wärmedämmenden Kunststoffmembranen. „Ein Nagelplattenbinder ist ein Industrieprodukt, geprägt durch Ökonomie und rationales Denken.“ Mit ihren schlanken Querschnitten bilden die robusten Hölzer eine wunderbar leicht anmutende Dachkonstruktion. „Das Tragwerk wirkt filigran und luftig“, so Kern. Und das mit minimalem Ressourceneinsatz. Die Architektin bringt das so auf den Punkt: „Die Sparsamkeit beim Materialverbrauch lässt sich mit Nagelplattenbindern ausreizen.“ 

Architektonisch herausragend ist beim ESA nicht nur die Dachkonstruktion, sondern auch die Dacheindeckung mit ETFE-Kissen. Die leichtgewichtigen, weil luftgefüllten Kunststoffmembranen sind mittig zwischen den Achsen der Dachkonstruktion bis zu 80 cm dick. Um die Holzkonstruktion sicher vor Feuchtigkeit zu schützen, wurden die Kissen über Stahlwinkeln punktuell aufgeständert und Ablaufrinnen als Kondensschutz installiert. 

Die statische Berechnung des Entwurfs für die 39 m lange und 18 m breite Dach- beziehungsweise Hallenkonstruktion der Nagelplattenbinder übernahm MiTek. Der Entwickler von Softwarelösungen für den Holzbau und Hersteller von Nagelplatten bietet einen umfassenden Statik- und Arbeitsvorbereitungsservice. „Die Herausforderung bestand darin, dass alle Bauteile präzise auf die sehr strengen geometrischen Vorgaben abgestimmt werden mussten“, so Tragwerksplaner Jochen Scherer, zum Beispiel war die Füllstabanordnung exakt einzuhalten. Scherers Kollege Manuel Macfalda übernahm bei der Planung die Berechnung der Geometrie. 

Abbildung 1: IFC-Modell und Bauelemente von Pamir 

Bildcredit: Mitek Industries

Dank der engen Absprache mit der Architektin und dem Kaiserslauterner Ingenieurbüro IG Bauplan GmbH, das die Anschlussdetails zur Verfügung stellte, funktionierte der Planungsprozess völlig reibungslos. Die digitale und vernetzte Bauwerksplanung über BIM machte es möglich. „Wir konnten uns quasi millimetergenau abstimmen“, so Scherer. 

Beispielsweise beim Thema Lastausgleich. Um der Außenhaut die nötige Steifigkeit zu geben, müssen die ETFE-Kissen unter einer definierten Spannung beziehungsweise einem Überdruck stehen. Treten aber unplanmäßig veränderte Lastbedingungen auf, beispielsweise durch Schneefall, muss die Spannung sich anpassen. „Dann brauchen wir einen Druckausgleich“, weiß Ingenieur Scherer. 

Eine andere Herausforderung: Die Absicherung gegen Windlasten. Denn die Kissen und filigranen Nagelplattenbinder sorgen in Kaiserslautern für eine besonders leichte Dachkonstruktion. „Die muss bei Wind auch stärker festgehalten werden.“ 

Geplant und realisiert wurde die Hallenkonstruktion mit zwölf Parallelbindern im Abstand von 3,45 m und 24 dreieckförmigen Böcken. Sie steifen das Gebäude in Querrichtung aus und bilden gleichzeitig an der niedrigen Traufe die Außenwand. In den Querachsen umfangen sie zusammen mit den Doppelstützen der mittleren und rückseitigen Längsachse die Parallelbinder der Dachkonstruktion wie eine Zange. Die maximale Traufhöhe des Dachs liegt bei 9,45 m. Eingesetzt wurden Nagelplattenbinder mit einer Holzstärke von 10 cm. 

Abbildung 2: Tatsächliches Gebäude im Bau 

Bildcredit: Thomas Brenner/Kaiserslautern 

Holzbau Heil GmbH & Co. KG 

Die Holzbau Heil GmbH & Co KG ist in dritter Generation auf Nagelplattenbinderkonstruktionen spezialisiert und beliefert Wohnungsbauunternehmen, Fertighaushersteller, Industrie, Handwerk und private Bauherren. 

Das 1955 als konventionelle Zimmerei gegründete Unternehmen begann bereits 1973 mit der Binderproduktion. Durch eine kontinuierliche Weiterentwicklung und stetige Investitionen in modernste Anlagen bietet das Unternehmen qualitativ hochwertige Produkte nach dem Stand der Technik. 

Die Fertigung ist fremdüberwacht und alle Nagelplattenkonstruktionen werden nach den europäischen DIN-Normen und entsprechend den Zulassungen des Instituts für Bautechnik, Berlin, gefertigt. 

Holzbau Heil GmbH & Co. KG 
Ostring 9 66424 
Homburg 
www.holzbau-heil.de

www.mitek.de

Hier steckt BIM drin! 2024

Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Buch "Hier steckt BIM drin! 2024. Das Buch ist kostenfrei im Onlineshop des bSD Verlags erhältlich.