Sandra Weeser beim 26. buildingSMART-Forum 2022 in BerlinbuildingSMART Deutschland / Christian von Polentz
 | Interview & Meinung

Sandra Weeser: "Vorteile der Digitalisierung nutzen"

Die Vorsitzende des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen im Deutschen Bundestag im Interview.

Sandra Weeser ist seit 2017 Mitglied im Deutschen Bundestag. Seit 2021 ist die gebürtige Siegenerin Mitglied im Bundesvorstand der Freien Demokraten (FDP). Für die März-Ausgabe unseres politischen Newsletters "Das Berlin Briefing" haben wir Sandra Weeser zu den aktuellen Entwicklungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft und den Chancen der Digitalisierung interviewt.

400.000 neue Wohnungen pro Jahr hatte die Bundesregierung als Ziel angestrebt. Dieses Ziel wird vorerst offenkundig nicht erreicht werden. Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage im Wohnungsbau?

Die im Koalitionsvertrag festgelegte Zielmarke von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, hat die Arbeit der Bundesbauministerin messbar gemacht. Auch in diesem Jahr wird dieses Ziel nicht erreicht werden. Nach jahrelangem Bauboom steuern wir jetzt auf einen dramatischen Rückgang beim Wohnungsneubau zu. Prognosen gehen davon aus, dass knapp ein Drittel der Wohnungen, deren Fertigstellung für dieses Jahr geplant war, nun doch nicht gebaut werden. 

Jüngst bezeichnete sich Frau Geywitz selbst als das „Gesicht zur Baukrise“. Das bedeutet aber nicht, dass Sie die Verliererin der Baukrise bleiben muss, vielmehr hat Frau Geywitz jetzt die Chance sich durch gezielte Maßnahmen zur Gewinnerin zu avancieren. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ihre Amtszeit unter keinem positiven Vorzeichen begonnen hat und der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, das Fass jahrelang aufgestauter Probleme im Bauwesen, plötzlich zum Überlaufen gebracht hat.

Durch den Krieg sind alle Herausforderungen aggregiert an die Oberfläche getreten und haben in der Baubranche breite Verunsicherung hervorgerufen. Tatsächlich ist die Liste der aktuellen Probleme sehr lang. Das gravierendste Problem und der Hauptgrund, warum Bauprojekte gerade zum Erliegen kommen ist das gestiegene Bauzinsniveau von derzeit über vier Prozent. Währenddessen beläuft sich die Rendite nur auf zwei bis drei Prozent, das macht das Bauen letztendlich unrentabel. Um ihre Kosten zu amortisieren müssten Wohnungsbauunternehmen Nettokaltmieten von 17 bis 20 Euro pro Quadratmeter aufrufen. Diese Miete ist aber auf dem Markt größtenteils nicht erzielbar. 

Wir verzeichnen eine Teuerung auf allen Ebenen. Durch Lieferengpässe und gestiegene Energiepreise, haben auch die Kosten für Baumaterialien und Rohstoffe enorm angezogen. Auch die Baunebenkosten, wie die Grunderwerbssteuer oder die Notarkosten, steigen bei gleichzeitig sinkenden Nettorealeinkommen weiter an.

Was könnte aus Ihrer Sicht helfen, um den Wohnungsbau schnell und auch (halbwegs) kostengünstig voranzutreiben?

Da sich das Zinsniveau wohl erst frühestens in einem Jahr stabilisieren wird, müssen wir kurzfristig andere Stellhebel betätigen, um die Baubranche wieder auf Kurs zu bringen. Grundsätzlich muss das Bauen wieder günstiger werden. Ganz konkret kann Frau Geywitz die Länder antreiben und sich dafür einsetzen, die Bauordnungen zu harmonisieren. Der Föderalismus dient uns doch nur, wenn er dazu führt, dass die Länder um die besten Lösungen konkurrieren. Wir brauchen einen Ideen- und Umsetzungswettbewerb bei der Vereinfachung unserer Landesbauordnungen.

Ein Kostentreiber sind die langwierigen und komplexen Planungs- und Genehmigungsverfahren. Dies wollen wir mit der Novelle des BauGB ändern. Hier werden wir als FDP noch mehr Druck machen. Aktuell ist der Gesetzesentwurf für Herbst geplant. Erleichterungen brauchen wir aber sofort. Mit der Errichtung des Flüssiggasterminal in Wilhelmshaven innerhalb eines Jahres, haben wir gezeigt: Es kann auch anders gehen. Dafür brauchen wir aber eben den politischen Willen der Bauministerin.

Ein großes Potential, vor allem im innerstädtischen Bereich, sind Aufstockungen und Nachverdichtungen, auch hier kann das Bauministerium gesetzlich beispielsweise bei der TA-Lärm flankieren und das strenge Vorgabenkorsett aufweichen. Klar ist aber auch, dass Maßnahmen im Zuge der Nachverdichtung, wie das Verschwinden von Parkplätzen oder die Versieglung von Flächen nicht bei jedem Anwohner auf Gegenliebe stoßen werden. Hier müssen wir im gemeinsamen Dialog Lösungen finden und unsere Ziele klar abstecken. 

Durch den Einzug des mobilen Arbeitens stehen immer mehr Gewerbe- und Büroflächen leer, die wir schnell zu Wohnraum umbauen könnten, dafür müssen wir aber Rahmengenehmigungen im Baurecht verankern, damit zeitintensive Änderungsgenehmigungsverfahren umgangen werden können. Zudem brauchen wir einen "Kosten-TÜV", das heißt eine Folgenkostenabschätzung bei jedem neuen Gesetz und jeder neuen Verordnung, das macht die Kosten von Bauvorhaben kalkulierbarer und damit attraktiver für Investoren.

Welche Rolle könnten aus Ihrer Sicht neue Technologien und auch Digitalisierung spielen? Ein Stichwort dazu ist ja das serielle Bauen und Sanieren – braucht es hier mehr und breitere Förderungen?

Die Wohnungsnot ist so groß wie noch nie. Selbst wenn wir jetzt konventionell auf Hochtouren bauen, könnten die ersten Wohnungen erst in frühestens einem Jahr bezugsfertig sein. Und das ist noch eine sehr optimistische Annahme. Wir sollten uns daher für alle Innovationen und Technologien offen zeigen. Die Vorteile der Digitalisierung müssen wir uns zu Eigen machen und sollten diese insbesondere im Bauwesen nutzen. Mit den Möglichkeiten der seriellen und modularen Bauweise, könnten wir die Bauzeit halbieren und die Baukosten erheblich senken. Deshalb ist es dringend geboten sich stärker auf das serielle und modulare Bauen zu fokussieren, auch gerne mit Holz.

Die Vorteile der Digitalisierung müssen wir uns zu Eigen machen und sollten diese insbesondere im Bauwesen nutzen. 
Sandra Weeser (FDP)

Wie so oft ist es in der Praxis aber nicht ganz so einfach. Die größte Hürde, um das serielle Bauen deutschlandweit auszurollen, sind die verschiedenen Landesbauordnungen. Ein Bauherr kann ein Bauteil, das in Berlin zugelassen wurde, nicht in Rheinland-Pfalz verbauen. Zu diesem Punkt möchte ich gerne kurz ausholen. Was das serielle Bauen vergleichsweise so günstig macht ist, dass die Bauteile in hoher Stückzahl hergestellt werden können. Wenn ein Bauteil, aber für eine Zulassung in Berlin eine andere Beschaffenheit aufweisen muss, als für eine Zulassung in Rheinland-Pfalz, dann müssen die Fertigungsmaschinen immer wieder neu justiert werden. Das kostet Geld, denn der betriebswirtschaftliche Grundsatz, abnehmende Grenzkosten mit zunehmender Menge, wird hier konterkariert. In diesem Kontext wäre die Vereinheitlichung der Landesbauordnungen ein echter "Game-Changer", um die serielle Fertigung von Bauteilen endlich flächendeckend auf die Baustelle zu bringen.

Der Bund muss einerseits schnellstmöglich eine Harmonisierung der Länderbauordnungen herbeiführen und gleichzeitig einen Appell an die Länder aussprechen, sich stärker an der Musterbauordnung zu orientieren. In diesem Kontext ist eine bessere Kommunikation zwischen Bund, Ländern und Kommunen essentiell. Der Bund muss diese Maßnahmen kommunikativ Richtung Kommunen flankieren. Dort wird letztendlich gebaut und dort muss das serielle Bauen "State-of-the-art" werden. 

Der Staatshaushalt wurde in den letzten Jahren sehr stark belastet. Auch die Bürgerinnen und Bürger sprechen sich in großen Teilen für die Einhaltung der Schuldenbremse aus. Deshalb sollten wir in den kommenden Jahren verstärkt auf eine Konsolidierung des Haushalts achten. Auf der anderen Seite verstehe ich aber auch, dass die Bauwirtschaft eine gewisse finanzielle Starthilfe braucht, um wieder auf Kurs zu kommen. Wie groß der Bedarf an Förderungen ist, hat man eindrücklich im vergangenen Jahr mit dem Förderprogramm für den Kfw-40 Standard gesehen. Die dafür vorgesehene Milliarde war innerhalb von drei Stunden ausgeschöpft. Ich denke wir sollten den Weg der goldenen Mitte beschreiten. Einerseits sollte das serielle Bauen und Sanieren zwar zielgerichtet gefördert werden, aber sich einzig und allein darauf zu verlassen, wird uns nicht weiter bringen. 

Wie kommen die Unternehmen aus der Bauwirtschaft in Ihrem Wahlkreis Neuwied (Rheinland-Pfalz, Anmerkung der Redaktion) mit den herausfordernden Rahmenbedingungen wie Materialknappheit, Fachkräftemangel, Lieferkettenproblemen und Kostensteigerungen zurecht?

Die Finanzierungsprobleme treffen nicht nur die Bauherren, auch die Bauindustrie bekommt die allgemeine Verunsicherung aller Stakeholder mehr und mehr zu spüren. Momentan haben wir den Tiefpunkt der Krise aber noch gar nicht erreicht. Viele Bauunternehmer haben immer noch volle Auftragsbücher, verzeichneten aber in den letzten Monaten bereits einen deutlichen Auftragsrückgang. Das eigentliche Problem ist also, dass keine neuen Aufträge mehr hinzukommen. Von einigen Unternehmern höre ich sogar, dass diese telefonische Kaltakquise betreiben, um Aufträge zu generieren. Tatsächlich wird und kann sich die Lage auch nicht von heute auf morgen verbessern. Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt dezidierte und fundierte Lösungen zügig auf den Weg bringen. Insbesondere für kleine Unternehmen, die ihr Portfolio nicht kurzfristig auf Gewerbeimmobilien umsatteln können, wird es sicherlich zunehmend schwieriger, sich am Markt behaupten zu können. Bis heute habe ich aber noch nicht gehört, dass Unternehmen Arbeitsplätze oder Kapazitäten abbauen wollen.

Die Handwerksbetriebe trifft aber jetzt schon der Fachkräftemangel mit voller Wucht. Die noch bestehende Nachfrage kann aufgrund von Personalmangel teilweise gar nicht mehr bedient werden. Deswegen brauchen wir jetzt ganz schnell ein Einwanderungsrecht nach kanadischem Vorbild mit Punktesystem wie von uns Freien Demokraten bereits vorgeschlagen und im Koalitionsvertrag vereinbart, welches es Fachkräften erleichtert, in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt zu wählen.

Hören Sie von ernsten Problemen für die Bauunternehmen, gar von Insolvenzen in Ihrer Region?

Viele mittelständische Unternehmen haben sich in den letzten zwei Jahren erfolgreich durch verschiedene Krisenlagen manövriert. Die aktuelle Situation kratzt natürlich an der Profitabilität und schmälert sukzessive die Unternehmenssubstanz. Auch wenn Unternehmerinnen und Unternehmen zu wahren Überlebenskünstlern geworden sind und sich schnell an die geänderten Rahmenbedingungen anpassen konnten, sind mehrere gleichzeitig aufflammende Brandherde am Ende des Tages zu viel. Auch die agilsten und innovativsten Unternehmen kommen irgendwann an ihre Grenzen. 

Wie beurteilen Sie die Lage der Bauwirtschaft insgesamt?

Die Lage der Bauwirtschaft trübt sich immer mehr ein, dabei haben wir den Tiefpunkt noch gar nicht erreicht. Durch die Hochkonjunktur in der Bauwirtschaft in den letzten Jahren hat sich ein Plateau an Genehmigungsanträgen gebildet, die jetzt erst sukzessive abgearbeitet werden müssen. Durch die für den Bau typische Zeitverzögerung kommt sozusagen der „Point-of-no-Return“ aller Voraussicht nach erst in den nächsten Jahren. Der Kostenanstieg wird ab 2024 zu ruckläufigen Genehmigungs- und Neubauzahlen führen. Berechnungen zufolge werden 2025 weit mehr als eine Millionen Menschen keine Wohnung haben.

Neben privaten Häuslebauer verhalten sich verstärkt auch große Baugesellschaften zögerlich beim Neubau. Zu beobachten ist, dass die steigenden Kosten zunehmend auch einkommensstärkeren Haushalten zu schaffen machen und der Traum von den eigenen vier Wänden daher in weite Ferne rückt. Wir haben zudem einen Sanierungsstau in Deutschland, unzählige Gebäude sowohl in privater wie auch öffentlicher Hand müssen energetisch saniert werden, damit wir unsere Klimaziele erreichen. Hier sehe ich auch einen der maßgeblichen Stellhebel: Umbau- und Ausbau vor Neubau. Das müssen wir unterstützen und so auch zu einem Art Tausch Alt-mit-Jung gelangen. Derzeit wohnen gerade in teuren Ballungszentren viele ältere Menschen noch auf großen Wohnflächen, die aber in die Jahre gekommen sind. Eine Sanierungsfinanzierung erhalten hier viele auch nicht. Wenn wir aber Anreize schaffen, dass junge Familien ins Spiel kommen, können wir das Blatt auch wieder wenden.

In den vergangenen Jahrzehnten ist die Produktivität im Bausektor nur leicht gestiegen. In anderen Industriezweigen wie der Automobilwirtschaft ist z. B. der Einsatz von Robotern oder Automation deutlich weiter. Mit welchen Programmen fördert der Bund die Forschung im Bauwesen und in der Bautechnik?

Zurecht beklagt die Bauministerin die seit Jahren stagnierende Produktivität in der Bauindustrie, denn neue Ideen werden systematisch ausgebremst, deshalb müssen wir die Gebäudeklasse E für Experiment in der Musterbauordnung mit aufnehmen, um Innovationen voranzutreiben und in einem sicheren Rechtsrahmen evaluieren, ob die neue Bauweise oder das recycelte Material Bestand haben können.

Beim Thema Bauinnovation haben wir ein großes Problem. Der Weg zwischen Wissenschaft und Umsetzung auf der Baustelle ist viel zu weit. Bau- und Forschungsministerium müssen künftig noch stärker Hand in Hand arbeiten. Um Bauen günstiger zu machen, brauchen wir innovative Bauweisen- und Materialien.

Nachhaltig enttäuscht bin ich von der Entscheidung der sächsischen Landesregierung das Lausitz Art of Building (LAB) nicht wie initial angedacht der Bauforschung zu widmen, sondern der Luft- und Raumfahrt. Das Streben der Menschheit in das Weltall ist nachvollziehbar, dennoch sollten wir doch erst die irdischen Probleme in den Griff bekommen. Mit dem LAB hätten wir die Chance gehabt Technologien und Innovationen voranzutreiben und damit letztendlich auch die Produktivität zu steigern.
Sandra Weeser

Aktuell werden die Klimaschutzvorgaben von Seiten der Politik für den Wohnungsbau diskutiert. Beispielsweise werden zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten, mit denen der Neubau ab diesem Jahr gefördert werden soll, an die Einhaltung des Energieeffizienzstandards geknüpft. Wäre hier eine Lockerung der Vorgaben hilfreich, um Investitionen in den Neubau zu fördern?

Stand jetzt ist die Neubauförderung so konzipiert, dass mit zehn Prozent der ursprünglichen Förderung, die 2021 ausgelaufen ist, höhere Standards für energieeffizientes Bauen und höhere Kosten finanziert werden müssen. Diese Rechnung geht einfach nicht auf. Frau Geywitz muss in eine Debatte mit Herrn Habeck einsteigen, um die stetig steigenden Klima-Standards zu senken, insbesondere über den EH40 Standard muss gesprochen werden. Die energetische Sanierung von Wohnraum kostet richtig viel Geld, die Kosten-Nutzen Analyse ist jedoch für eine Verschärfung von EH55 auf EH40 Standard verheerend. Der Ressourcenverbrauch führt sogar zu einer Zunahme des CO2-Ausstoßes. Mehr Durchsetzungsstärke von Frau Geywitz gegenüber ihren Kabinettskollegen wäre daher wünschenswert. 

Die in diesem Jahr in Kraft getretene Erhöhung der Abschreibung von zwei auf drei Prozent war ein wichtiger Schritt, um das Bauen günstiger zu machen. Allerdings wird zurecht kritisiert, dass diese an zu viele Einschränkungen gebunden ist und daher nicht den gewünschten Effekt erzielt hat. Man könnte eine Sonderabschreibung ins Gespräch bringen.  

2021 haben das Land Nordrhein-Westfalen, die Stadt Dortmund, mehrere Unternehmen und die Ruhr-Universität Bochum, die auch Mitglieder bei buildingSMART Deutschland sind, den ersten BIM-basierten Bauantrag erfolgreich erprobt. Wie sehen Sie den Stand der Einführung des digitalen Bauantrags auf Länderebene?

Die Verwaltung in Deutschland muss endlich digitalisiert werden. Dafür braucht es aber einen abgestimmten Prozess, geschultes Personal und eine funktionierende Software, die bestenfalls deutschlandweit einheitlich ist. Ab diesem Jahr können Bauanträge digital eingereicht werden. Alle analog eingehenden Anträge werden abgelehnt. Das ist ein Meilenstein und entlastet die Verwaltung immens. Der nächste Schritt ist jetzt die digitale Bearbeitung des Bauantrags, dies soll laut BMWSB ab nächsten Jahr möglich sein. So könnte der ganze Prozess von der Einreichung bis zur Genehmigung digital ablaufen. Nur noch bei Abwägungsfällen, braucht es dann noch eine menschliche Komponente. Das spart sehr viel Geld und Zeit und kann Bauprojekten einen gewaltigen Schub verleihen. 

Bei allem technischen Fortschritt müssen aber auch die Personen geschult werden, die diese Software bedienen. Viele Probleme die wir haben, wie ein verschlafener Breitbandausbau durch Union und SPD, stehen uns hier in der alltäglichen Praxis noch im Wege. So hilfreich wie die Digitalisierung auch sein kann, so dringend notwendig ist es, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen und bei der Umsetzung noch enger auf allen Ebenen zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu kommunizieren.

Vielerorts fehlt qualifiziertes Personal. Auch in den öffentlichen Bauverwaltungen gerade der Kommunen herrscht Fachkräftemangel. Wie können die Bauverwaltungen trotz der personellen Engpässe die digitale Transformation, wie sie etwas das Onlinezugangsgesetz beschreibt, bzw. vorsieht, stemmen?

Die Fachkräfteproblematik ist in den letzten dreißig Jahren zu einem echten volkswirtschaftlichen Wachstumshemmnis herangewachsen. Mindestens so lange ist die demographische Entwicklung schon bekannt. In den nächsten Jahren bekommen wir dies teuer zu spüren. Bis 2030 wird circa ein Drittel der jetzt am Arbeitsmarkt tätigen in Rente gehen. Derweil sind die Bauämter in den Kommunen schon jetzt chronisch unterbesetzt. Klar ist, wir brauchen mehr Menschen in der Verwaltung. Viele Frauen arbeiten in Teilzeit. Wenn wir an einigen Parametern schrauben, wie der Kinderbetreuung oder dem Ehegattensplitting, können wir es hoffentlich mehr Frauen ermöglichen, ihre Erwerbsarbeit zu erhöhen. Auch ältere Menschen, die über ihr Rentenalter hinaus noch arbeiten wollen, haben mit ihrem Erfahrungsschatz großes Potential für den Arbeitsmarkt. Allerdings würde eine personelle Aufstockung in der Verwaltung die Probleme nur bedingt lösen, denn vorrangig müssen die Prozesse optimiert werden. Bürokratische Hürden müssen abgebaut, Prozesse verschlankt und Doppelstrukturen abgeschafft werden. 

Eine echte digitale Transformation ist nur dann möglich und erfolgreich, wenn alle dasselbe Ziel verfolgen und alle Stakeholder in enger Abstimmung miteinander agieren. Haben die Verwaltungen diesen Transformationsprozess geschafft, kann die Digitalisierung langfristig unterstützen und die Mitarbeitenden in den Verwaltungen erheblich entlasten. 

Liebe Frau Weeser, wir danken Ihnen herzlich für das Interview.