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IDS – Information Delivery Specification 

Léon van Berlo, Simon Fischer

Im "BIMcert Handbuch – Grundlagenwissen openBIM (Ausgabe 2023)" beschäftigen sich in Kapitel 3.7 Léon van Berlo, Technischer Direktor bei buildingSMART International, und Simon Fischer, Universitätsassistent im Forschungsbereich Digitaler Bauprozess an der TU Wien, mit IDS – Information Delivery Specification. Mit freundlicher Genehmigung der beiden Autoren veröffentlichen wir das Kapitel hier. Die Angaben zum Exzerpt finden Sie am Ende des Textes.  

Inhaltsverzeichnis

3.7 IDS – Information Delivery Specification
3.7.1 Datenstruktur
3.7.2 Bezug zum buildingSmart Data Dictionary
3.7.3 Facet-Parameter
3.7.4 Einfache und komplexe Einschränkungen
3.7.5 Umfang und Einsatz von IDS
3.7.6 Neue Möglichkeiten mit IDS
3.7.7 IDS im Detail
3.7.8 Beziehung zu anderen Initiativen
3.7.9 Möglichkeiten zur Visualisierung von IDS
3.7.10 Beziehung IDS zu IFC
Exzerpt

IDS – Information Delivery Specification 

IDS ist ein Standard von buildingSMART International zur Definition von computer-interpretierbaren Modellaustauschanforderungen. IDS ist ein verhältnismäßig junger Standard (2023), der als Ergänzung zu MVD verstanden werden kann. Während sich MVD mit grundlegenden Themen wie der korrekten Abbildung der Klassen-Hierarchie und der Übertragung der Geometrie beschäftigt, spezifiziert IDS den alphanumerischen Informationsgehalt von Modellen. Es definiert, mit welchen Informationen Objekte übertragen werden müssen. Aus diesem Grund ist IDS ein vielversprechendes Werkzeug für die Bereitstellung und Prüfbarkeit von Informationsanforderungen der Auftraggeber, definiert in den AIA. Es bindet die derzeit in Textform vorhandenen Informationsanforderungen in den automatisierten openBIM-Prozess ein. IDS kann für zwei Teilprozesse zur Anwendung kommen:

  • Informationen definieren: Als Konfigurationsdatei für BIM-Autorensoft- ware, zur automatisierten Bereitstellung der geforderten Informationsstruktur und
  • Informationen prüfen: Als Konfigurationsdatei für BIM-Prüfsoftware, zur automatisierten Prüfung des Aufbaus und Inhalts der Informationsstruktur.
  • Der IDS-Workflow beginnt beim Auftraggeber (BIM-Management). Das BIM- Management definiert die gewünschten BIM-Anwendungsfälle und die dafür erforderlichen Informationen. Schauen wir uns zwei Beispiele für Informationsanforderungen an.

Erstens: Ein Kunde möchte, dass alle Räume in einem Modell mit einem be- stimmten Code klassifiziert werden und eine Reihe von Eigenschaften haben. Die Anforderung könnte wie folgt beschrieben werden: »Alle Raumdaten in einem Modell müssen als [AT]Zimmer klassifiziert sein und NetFloorArea und GrossFloor- Area (beide im Set BaseQuanitites) und ein Property namens AT_Zimmernummer im Property Set Austria_example haben.« Dies ist nur ein Beispiel. Es kann sich um jede Art von Anforderung handeln. Benutzer können die Anforderungen auch weiter verfeinern, so dass sie nicht für alle Räume gelten, sondern nur für Räume mit bestimmten Eigenschaften – zum Beispiel für Räume mit einer bestimmten Eigenschaft und/oder einem bestimmten Eigenschaftswert oder für Räume, die Teil einer bestimmten Hierarchie sind, oder für Räume, die auf eine bestimmte Weise klassifiziert sind. Dies gilt für alle Objekte, nicht nur für Räume. Die Anforderungen von Klassifizierungscodes, Materialien, Sets, Attributen, Properties und einigen Beziehungen können auch für die Auswahl (manchmal auch als Filterung bezeichnet; im IDS formal als Anwendungsbereich bezeichnet) von Objekten angegeben werden.

Der Anwendungsbereich ist im zweiten Beispiel enthalten, einer Spezifikation bestimmter Eigenschaften für Wände: »Alle Wände müssen die Properties Load- Bearing und FireRating haben (beide in einem Property Set namens Pset_Wall- Common). Wände mit einem Wert von true für die Property LoadBearing benötigen einen Wert für die Property FireRating aus der folgenden Liste (ND, REI 30, REI 60, REI 90, REI 120).« Das Raumbeispiel wird später verwendet, um verschiedene Möglichkeiten der Visualisierung von IDS zu zeigen. Das Wandbeispiel ist in der Beschreibung der Datenstruktur von IDS im nächsten Abschnitt enthalten.

Die Definition der Informationsanforderungen erfolgt üblicherweise mithilfe eines Datenstrukturwerkzeugs und unter Berücksichtigung von Daten aus dem bSDD und dem UCM. Anschließend exportiert das BIM-Management die Informationsanforderungen im IDS-Format und stellt sie der BIM-Koordination bzw. BIM-Erstellung des Auftragnehmers zur Verfügung. Diese nutzt IDS als Konfigurationsdatei sowohl für die BIM-Autorensoftware als auch für die BIM- Prüfsoftware. Die Autorensoftware kann dadurch die geforderten Merkma- le automatisch objektspezifisch anlegen. In der BIM-Prüfsoftware bewirkt die Konfigurationsdatei eine automatische Auswahl und Befüllung von Prüfregeln. Die geprüfte IFC-Datei wird schließlich dem BIM-Management übermittelt, das ebenfalls die eigens erstellte IDS-Datei zur Konfiguration ihrer Prüfsoftware verwendet. IDS koppelt damit die Informationsanforderungen des Auftraggebers mit dem BIM-Modell und ermöglicht damit eine automatisierte Prüfung genau jener Informationen, die definiert wurden.

IDS

3.7.1 Datenstruktur

Das Dateiformat IDS basiert auf dem XML-Schema. Konkret ist es eine standardisierte Form davon. Das bedeutet, dass der Aufbau und die Syntax einer IDS-Datei genauer spezifiziert ist als für eine allgemeine XML-Datei. Dazu nutzt buildingSMART International das Format XSD (XML Schema Definition). Dar- in ist definiert, welche Elemente in einer IDS-Datei enthalten sein müssen und dürfen.

Grundsätzlich ist eine IDS-Datei in zwei Bereiche gegliedert: »Header« und Liste an Spezifikationen. Der Header enthält allgemeine Metadaten zur Datei. Diese sind innerhalb des Elements info gesammelt. Mögliche Informationen darin sind title, copyright, version, description, author, date, purpose und milestone. Verpflichtend vorgeschrieben ist davon nur der Titel. Alle anderen Informationen sind optional. Die Zeilen vor den Metadaten sind einerseits der XML-Prolog zur Definition der XML-Version und der Codierung sowie das Root element (<ids ...>) mit der Definition von Namensräumen für das Dokument.

Nach den allgemeinen Metadaten folgt der eigentliche Inhalt einer IDS-Datei: eine Liste an Spezifikationen. Spezifikationen beschreiben Informationsanforderungen an Elemente in IFC. Sie sind so aufgebaut, dass sie einerseits von Menschen einfach verstanden werden können und andererseits auch maschinenlesbar sind. Eine Spezifikation besteht aus drei Teilen: Metadaten, Anwendungsbereich (Applicability) und Anforderungen (Requirements).

Die Metadaten sind als XML-Attribute im Specification element enthalten. Im nachfolgenden Beispiel sind das die beiden verpflichtenden Informationen name und ifcVersion. Darüber hinaus können zusätzlich die Notwendigkeit (occurs), eine ID (identifier), eine Beschreibung (description) und Anweisungen (instructions) definiert werden. Die description and instructions sind Optionen, um die Anforderungen um eine für den Menschen lesbare Dokumentation zu ergänzen. IDS ist zwar für die Interpretation durch Computer ausgelegt, aber in vielen Fällen werden Menschen unweigerlich Informationen zum BIM-Datensatz hinzufügen müssen. Der Ersteller einer IDS kann daher Anweisungen hinterlassen, die klarstellen, dass auch ein Mensch Daten eingeben muss. Als zweiter Bestandteil der Spezifikation folgt der Anwendungsbereich (Applicability). Dieser Filter definiert, für welche Elemente die aktuelle Spezifikation relevant bzw. anzuwen- den ist. Diese Einschränkung kann auf der Ebene von IFC-Klassen, aber auch deutlich spezifischer über Predefined Types, Properties, Materialien usw. erfolgen. Der dritte Bestandteil der Spezifikation sind die Anforderungen (Requirements). Diese enthalten die eigentlichen Informationsanforderungen an Objekte. Die Kombination von Anwendungsbereich und Anforderungen bildet die maschinenlesbare Definition von Informationsanforderungen. Beide Bestandteile ver- wenden zur Spezifizierung ihres Inhalts sogenannte Facets. Facets bedeuten im Zusammenhang mit XML Einschränkungen für XML-Elemente. Im IDS-Schema beschreiben Facets Informationen, die ein Element im IFC-Modell haben kann. Es werden dabei 6 exakt definierte Facet-Parameter verwendet, um die Anforderungen maschinenlesbar zu machen. Die Facet-Parameter beziehen sich auf verschiedene Inhalte im IFC-Schema:

·      Entity Facet·      Property Facet
·      Attribute Facet·      Material Facet
·      Classification Facet·      PartOf Facet

Bei Verwendung der Facets zur Definition des Anwendungsbereichs können Elemente sehr gezielt gefiltert werden (z.B. nur Elemente, die ein bestimmtes Property mit einem bestimmten Wert besitzen). Dabei ist es auch möglich, mehrere Facets zu kombinieren, was die Möglichkeiten zur individuellen Definition von Anforderungen erhöht.

Durch all diese Funktionalitäten kann IDS fortgeschrittene Definitionen von Anforderungen bieten. Es ermöglicht Benutzern, Eigenschaften zu verlangen, die mit einer bestimmten Art von Maßnahme gemeinsam genutzt werden. Es gibt auch umfangreiche Möglichkeiten, Einschränkungen für Werte zu definieren. So kann beispielsweise der Wert einer Eigenschaft nur aus einer Liste zulässiger Werte ausgewählt werden. Handelt es sich bei dem Wert um eine Zahl, so kann er ein bestimmtes Minimum, Maximum oder einen Bereich haben. Auch der Mustervergleich ist eine in IDS verfügbare Option. IDS verwendet hierfür die XSD-Einschränkungen, um die Zuverlässigkeit der Implementierung zu verbessern. Einschränkungen für Spezifikationen sind ein weiteres Beispiel für eine erweiterte Funktion. Mit den XML-Attributen minOccurs und maxOccurs können Benutzer ein Minimum, Maximum, einen Bereich oder eine genaue Anzahl von Objekten definieren, die im BIM-Datensatz enthalten sein müssen. Benutzer können mit dem PartOf Facet bestimmte Strukturen im BIM-Datensatz vorgeben, die typisch für die Verwendung von Industry Foundation Classes (IFC) sind. Diese Funktionalität ermöglicht die Definition der Anforderungen, dass ein Objekt Teil einer Baugruppe oder Teil einer Gruppe sein soll.

Das nachfolgende Beispiel zeigt Vorgaben für Objekte der Klasse IfcWall als IDS und im Vergleich dazu als klassischen Text in einer PDF-Datei. Die erste Spezifikation gibt vor, dass jede Wand ein Property LoadBearing im Pset_WallCom- mon benötigt. Die zweite Spezifikation regelt mögliche Werte für die Feuerwiderstandsklasse von tragenden Wänden (die Liste ist als Ausschnitt möglicher Werte zu verstehen). Der Anwendungsbereich beider Spezifikationen ist hell- blau hervorgehoben, die Anforderungen sind hellorange markiert.

LOI – Level of Information (IfcWall)

Selection sets IfcWall FireRating

3.7.2 Bezug zum buildingSmart Data Dictionary

Erhält ein Benutzer eine IDS von einem Kunden, kann er seine eigenen Daten mit den in der IDS definierten Anforderungen abgleichen. Die IDS kann für den Empfänger lesbare Erklärungen und Anweisungen enthalten, damit er die Anforderungen besser versteht. IDS ermöglicht das Hinzufügen eines Links (formal als Uniform Resource Identifier URI bezeichnet) mit weiteren Informationen über eine Eigenschaft oder einen Klassifizierungscode. Hier kommt der Bezug zum bSDD ins Spiel. Ein URI, der mit identifier.buildingsmart.org beginnt, verweist auf ein Objekt, das im bSDD zu finden ist. Wenn der Benutzer diesem URI folgt, erhält er mehr Informationen über ein Property, die über den Detailgrad hinausgehen, der in der IFC angegeben werden kann. Die bSDD enthält detaillierte, standardisierte Informationen über Definitionen, Einheiten, Beziehungen zu anderen Objekten usw. Dies gilt für Klassifizierungscodes, Eigenschaften (einschließlich Attribute und Mengen) und Materialien, sowohl für internationale als auch für landesspezifische Normen. Die Optionen zur Definition von Werteinschränkungen in IDS sind die gleichen, die auch bSDD unterstützt. Dies ermöglicht eine nahtlose Interaktion zwischen IDS und bSDD. Durch Hinzufügen des URI zu einer Eigenschaft oder einem Klassifizierungscode (oder einem System) können Benutzer (und in einigen Fällen sogar Computer) mehr Informationen über die Anforderung und die typische Verwendung von Objekten erhalten.

3.7.3 Facet-Parameter

Dieser Abschnitt behandelt die Funktionalität und Möglichkeiten der sechs Fa- cet-Parameter. Für Facets kann wie für die Spezifikationen die Notwendigkeit (occurs) alsXML-Attribut angegeben werden. Das Property Facet und das PartOf Facet bieten darüber hinaus weitere spezifische XML-Attribute. Die folgende Beschreibung enthält einen Beispiel Code für jedes Facet. Die beiden ersten Ausschnitte sind jeweils in den Anwendungsbereich einer Spezifikation ein- gebunden. Die weiteren Ausschnitte können auf gleiche Weise in den Anwendungsbereich oder den Anforderungsbereich einer Spezifikation eingebunden werden.

Entity Facet

Das Entity Facet bezieht sich auf die Klassen im IFC-Schema. Es ist daher besonders wichtig zur Definition des Anwendungsbereichs, da es beschreibt, für welche IFC-Klasse eine Spezifizierung relevant ist. Neben dem verpflichtenden Namen der IFC-Klasse kann im Entity Facet auch optional ein Predefined Type eines Elements festgelegt werden. Folgender Code-Ausschnitt zeigt die Verwendung des Entity Facet zur Festlegung des Anwendungsbereich einer Spezifikation auf alle Elemente der IFC-Klasse IfcDoor.

Attribute Facet

Das Attribute Facet ermöglicht die Berücksichtigung von Attributen, die standardmäßig in IFC-Klassen enthalten sind, bspw. der Name eines Elements oder die GUID. Zur Verwendung des Facet muss der Name des Attibuts angegeben werden, der Wert des Attributs ist optional. Wird nur ein Name ohne einen Wert definiert, muss das Element ein Attribut mit Namen und beliebigen, definierten (nicht leeren) Wert enthalten. Der Code-Ausschnitt zeigt die Verwendung des Attribute Facet zur Festlegung des Anwendungsbereichs einer Spezifikation auf alle Elemente der IFC-Klasse IfcDoor mit dem Namen Entry.

Classification Facet

Werden neben den Klassen des IFC-Schemas weitere Klassifikationssysteme verwendet, können diese mit dem Classification Facet berücksichtigt werden. Solche externen Klassifikationssysteme sind bspw. Uniclass2015 oder nationale Systeme. Das Classification Facet ermöglicht die Angabe eines Klassifizierungssystems und eines Referenzcodes (wie ist ein Objekt innerhalb des Systems klassifiziert). Beide Parameter sind optional. Falls kein Parameter angegeben ist, muss ein Objekt mit beliebigem Referenzcode in einem beliebigen System klassifiziert sein. Darüber hinaus kann ein URI als XML-Attribut des Classification element hinzugefügt werden, um auf weitere Informationen zu verweisen. Hier ist die Vorgabe des Systems Uniclass2015 mit beliebigem Referenzcode dar- gestellt.

Property Facet

Das Property Facet ist das Gegenstück zum Attribute Facet und bezieht sich auf die nicht standardmäßig in IFC enthaltenen Eigenschaften, die Properties. Darüber hinaus kann es auch zur Vorgabe von Quantities dienen. Zur Definition einer Anforderung kommen die Parameter Property Set (Quantity Set), Property Name (Quantity Name), Wert und Datentyp zum Einsatz. Der Wert des Property ist auch hier ein optionaler Parameter und verhält sich wie bei den vorigen Facets. Alle anderen Parameter sind verpflichtend, wobei der Datentyp als XML- Attribut des Property element anzugeben ist, nicht wie die anderen Parameter als eigenes XML-Element. Ein URI kann ebenfalls als XML-Attribut hinzugefügt werden, um z.B. auf das bSDD zu verweisen. Als Beispiel ist hier eine Spezifikation angeführt, die ein Property LoadBearing mit dem Wert true und dem Datentyp IfcBoolean im Property Set Pset_WallCommon verlangt.

Material Facet

Bei Verwendung von Einschränkungen bezüglich Materialien ist zu beachten, dass ein Objekt aus einem oder mehreren Materialien bestehen kann. Mit dem Material Facet wird geprüft, ob eines der Materialien des entsprechenden Objekts mit dem vorgegebenen Material übereinstimmt. Bei diesem Facet gibt es nur einen optionalen Parameter für das Material. Falls nicht definiert, muss eine beliebige Materialangabe vorhanden sein. Ein URI kann als XML-Attribut des Material element verwendet werden, um auf zusätzliche Informationen über das Material zu verweisen.

PartOf Facet

Mit dem PartOf Facet können Beziehungen zwischen Objekten vorgegeben wer- den. Beziehungen (Relations) werden in IFC über eigene Klassen beginnend mit IfcRel... definiert. Im PartOf Facet kann eine Relation über eine solche Relation- Klasse und die IFC-Klasse, auf welche die Relation verweisen soll, angegeben werden. Die Relation ist dabei als XML-Attribut des PartOf Element anzugeben. Eine mögliche Anforderung ist, dass ein Element einem Geschoss zugeordnet sein muss. Dafür ist die Beziehung IfcRelContainedInSpatialStructure mit der Klasse IfcBuildingStorey zu wählen.

3.7.4 Einfache und komplexe Einschränkungen

Neben der Möglichkeit über die Facets Anforderungen für verschiedene Inhalte des IFC-Schemas festzulegen, können auch die Anforderungen selbst unter- schiedlich definiert werden. Dazu unterscheidet IDS zuerst zwischen einfachen und komplexen Einschränkungen. Einfache Einschränkungen sind einzelne Werte in Form eines Texts, einer Zahl oder eines Wahrheitswerts (wahr/falsch). Komplexe Einschränkungen ermöglichen hingegen die Vorgabe mehrerer zulässiger Werte und können in vier Unterkategorien eingeteilt werden:

Aufzählung (Enumeration)

Die Aufzählung dient zur Angabe einer Liste zulässiger Werte. Die Liste kann so- wohl Texte als auch Zahlenwerte enthalten. Nachfolgend ist ein Beispiel für die Angabe von Feuerwiderstandsklassen für tragende Wände gegeben (Ausschnitt aus möglichen Werten).

Muster (Pattern)

Ein Muster beschreibt in welcher Reihenfolge verschiedene Zeichen aneinandergereiht werden dürfen. Diese Funktionalität ist vor allem für Namenskonventionen bzw. Namensschemata anwendbar. Eine weit verbreitete und auch für IDS verwendete Methode zur Definition von solchen Mustern sind Regular Expressions (Regex). Als Beispiel ist eine Konvention für Raumnamen angegeben. [A-Z] bedeutet der Name beginnt mit einem Großbuchstaben. [0-9]{2} legt fest, dass darauf zwei Ziffern zwischen 0 und 9 folgen. Durch -[0-9]{2} ist der Name nach einem Bindestrich mit zwei Ziffern zwischen 0 und 9 abzuschließen. Gültige Namen sind demnach beispielsweise W01-01 oder B18-74.

Grenzen (Bounds)

Grenzen legen ein Intervall gültiger Werte fest. Dabei ist es möglich, entweder eine untere, eine obere oder beide Grenzen festzulegen. Die Grenzen können weiters durch die Symbole </> exklusiv oder <=/>= inklusiv definiert werden.

Länge (Length)

Abschließend ist es möglich, die Länge eines Werts festzulegen, also die Anzahl der einzelnen Zeichen. Es können eine exakte sowie eine minimale oder maximale Länge eines Werts vorgegeben werden.

3.7.5 Umfang und Einsatz von IDS

Eine IDS-Datei kann mehrere Anforderungen enthalten. Diese Anforderungen sind unabhängige Blöcke und haben keinen Bezug zu anderen Anforderungen in der Datei. Diese Struktur schafft die Möglichkeit, Anforderungen zwischen Dateien zu kopieren und einzufügen. Derzeit (2023) entwickeln Softwarehersteller erste IDS-Editoren und IDS-Autorentools, um den Benutzern die Erstellung von IDS-Dateien zu erleichtern. Für die Zukunft sieht buildingSMART das Vorhandensein von IDS-Bibliotheken vor, in denen Beispiele für einzelne Anforderungen für alle zur Verfügung stehen. Benutzer können IDS-Anforderungen suchen und sie in einen Auswahlkorb ziehen, um ihre eigene IDS-Datei zu erstellen. Eine wichtige Definition des Anwendungsbereichs von IDS ist, dass sie sich nur auf »Spezifikationen für die Informationsbereitstellung« konzentriert. Das bedeutet, dass die strukturierten IDS-Anforderungen definieren können, welche Informationen benötigt werden und wie sie strukturiert sein sollten.

Für automatisierte Arbeitsabläufe und Skripte ist es wichtig, Informationen so zu erhalten, dass sie automatisch verarbeitet werden können, und dies ist das Ziel von IDS. IDS kann jedoch nicht verwendet werden, um Designanforderungen oder sogenannte »Rules« zu definieren. So ist die Anforderung, dass alle Fenster in einem Toilettenraum undurchsichtiges Glas haben müssen, im Rahmen von IDS nicht möglich. Eine gültige IDS-Definition ist jedoch die Anforderung, dass alle Fenster ein Property haben müssen, das die erforderliche Glas-Art im Fenster vorgibt. Mit einem Regelprüfprogramm oder einem anderen Algorithmus sollte dann überprüft werden, ob Fenster in Toilettenräumen undurchsichtiges Glas haben oder nicht. Hier gibt es eine Grauzone, da IDS Einschränkungen der Werte zulässt. Zukünftige Versionen von IDS werden diesen Bereich weiter verfeinern oder die Möglichkeiten von IDS zur Definition von Regeln erweitern. Praktische Anwendungsfälle werden die künftigen Möglichkeiten von IDS bestimmen.

3.7.6 Neue Möglichkeiten mit IDS

IDS bietet neben der Einbindung der Informationsanforderungen in den automatisierten openBIM-Prozess auch neue Möglichkeiten zur gezielten Definition dieser Anforderungen mithilfe eines Anwendungsbereichs. Klassische AIA definieren Informationsanforderungen auf Basis von IFC-Klassen und für Predefined Types. IDS kann Informationsanforderungen dagegen in Abhängigkeit aller beschriebenen Facet-Parameter definieren. Beispielsweise kann dadurch ein bestimmtes Property in einem bestimmten Property Set erst notwendig werden, wenn ein anderes Property in einem anderen Property Set einen bestimmten Wert annimmt. Das ermöglicht Auftraggebern, sehr gezielt Informationen zu fordern und vor allem diese abzuprüfen.

3.7.7 IDS im Detail

Alle technischen Informationen über IDS sind auf GitHub zu finden, wo Codeentwicklung, Dokumentation und Beispiele gespeichert sind. IDS wurde inter- national als die vorteilhafteste Methode für die automatisierte Prüfung der Konformität durch Validierung der alphanumerischen Informationsanforderungen identifiziert. Es unterstützt die Erstellung von Informationsanforderungen, indem es den Benutzern eine Reihe von Möglichkeiten bietet, was von den Modellen verlangt werden kann.

3.7.8 Beziehung zu anderen Initiativen

Es gibt viele Möglichkeiten, den Informationsbedarf zu definieren. Excel scheint die gängigste zu sein, hat aber seine Grenzen. Andere Initiativen sind die Product Data Templates (PDTs), Level of Information Need (LOIN), Exchange (oder Employer) Information Requirements (EIR/AIA), BIM-Abwicklungsplan (BAP), der exchange-Teil von mvdXML, SHACL in den Linked Data Domains und andere. Alle diese Initiativen haben Vorteile und Grenzen. Je nach Anwendungsfall können andere Standards oder Initiativen die bessere Wahl sein. Ein von Tomczak et al. erstellter Vergleich ist hier zu finden (siehe QR-Code und Tabelle).

Für die meisten Anwendungsfälle in openBIM ist IDS die empfohlene Lösung, um Informationsanforderungen zu definieren. Es schafft ein Gleichgewicht zwischen Kompatibilität mit IFC und bSDD einerseits und Benutzerfreundlichkeit und Zuverlässigkeit auf der anderen Seite. Es gibt verschiedene Software-Tools, um eine IFC-Datei mit den Anforderungen einer IDS-Datei zu vergleichen. In der Regel werden die Ergebnisse in einem Viewer angezeigt. Für die gemeinsame Nutzung der Ergebnisse wird die Verwendung des BIM Collaboration Format (BCF) empfohlen. BCF ist eine strukturierte Methode zum Austausch von Informationen über IFC-Objekte mit Projektpartnern.

3.7.9 Möglichkeiten zur Visualisierung von IDS

In diesem Abschnitt wird das Beispiel der Informationsanforderung für Räume aus der Einleitung verwendet, um verschiedene Möglichkeiten zur Visualisierung von IDS aufzuzeigen. Die Anforderung lautet: »Alle Raumdaten in einem Modell müssen als [AT]Zimmer klassifiziert sein und die Properties NetFloorArea und GrossFloorArea (beide im Set BaseQuanitites) und ein Property namens AT_Zimmernummer im PropertySet Austria_example haben.« Die Formatierung dieser menschenlesbaren Anforderung in einem IDS sieht wie folgt aus:

Das nächste Bild zeigt eine andere Art der Visualisierung dieses XML. Hier sehen Sie dieselben Informationen, aber in Form einer Tabelle. Dies ist eine sehr generische Ansicht, die auf alle XML-Dateien angewendet werden kann.

Es gibt auch spezielle Viewer, die das XML-basierte IDS lesen und das IDS in einer für den Menschen lesbaren Form visualisieren. In einem solchen Viewer sieht unser Beispiel wie im darauffolgenden Bild aus.

3.7.10 Beziehung IDS zu IFC

Obwohl IDS für die Anforderungen jeder Art von Daten in der Bauindustrie ver- wendet werden kann, funktioniert es am besten bei Daten, die nach dem IFC- Standard (Industry Foundation Classes) strukturiert sind. Wie Sie im Beispiel der Raumanforderung (in der Zeile Spezifikation) sehen, verlangt diese Spezifikation, dass mindestens ein solches Objekt im Modell vorhanden ist. Sie besagt auch, dass diese Anforderung sowohl für IFC2x3 als auch für IFC4 gilt. Der Anwendungsbereich dieser IDS gibt auch IFCSPACE an. Dies ist eine IFC-Entität. Obwohl die Spezifikation also für Nicht-IFC-Daten verwendet werden kann, be- vorzugt IDS Spezifikationen, die auf IFC basieren. Dies lässt sich auch an der Aufteilung zwischen Attributen und Eigenschaften und den PartOf Facets in den Anforderungen erkennen.

Exzerpt 

Mit freundlicher Genehmigung der beiden Autoren Léon van Berlo, Technischer Direktor bei buildingSMART International, und Simon Fischer, Universitätsassistent im Forschungsbereich Digitaler Bauprozess, TU Wien, veröffentlicht buildingSMART Deutschland

Kapitel 3.7 IDS – Information Delivery Specification (Seiten 102 bis 115)

aus

BIMcert Handbuch – Grundlagenwissen openBIM (Ausgabe 2023)

Exzerpt aus: C.C. Eichler et al. „BIMcert Handbuch – openBIM Basiswissen – Ausgabe 2023“, Mironde-Verlag, Niederfrohna, 2023. 
Download unter: https://www.buildingsmart.co.at/downloads

Autor/innen

Léon van Berlo

Léon van Berlo

Technischer Direktor

Léon van Berlo ist Technischer Direktor bei buildingSMART International.

Simon Fischer

Simon Fischer

Universitätsassistent

Simon Fischer ist Universitätsassistent im Forschungsbereich Digitaler Bauprozess an der TU Wien.