Feuerwache NiederstettenSTARKARCHITEKTEN
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Neubau einer Feuerwache in Niederstetten

BIM Champion 2022, Kategorie Planen: STARKARCHITEKTEN

Das Projekt wurde eingereicht von Lukas Richter, Architekturbüro STARKARCHITEKTEN, Siegen

Kurzbeschreibung
Die Planungsaufgabe umfasst den Neubau einer Feuerwache im baden-württembergischen Niederstetten. Das dreigeschossige Gebäude teilt sich in zwei oberirdische Vollgeschosse und ein, im Souterrain liegendes, Untergeschoss. Die Abmessungen des Baukörpers betragen in der Breite und Länge circa 60 auf 30 Meter. Die Höhe beträgt elf Meter über alle Geschosse.

Die Feuerwache fasst Stellplätze für sechs Feuerwehrfahrzeuge, einen Wartungsstellplatz sowie eine Waschhalle. Die tragende Konstruktion des Gebäudes wird in Stahlbeton errichtet. Die Fassade ist als vorgehängte hinterlüftete Zink-Stehfalzfassade ausgeführt.

Verwendete Standards von buildingSMART: IFC, BCF

Projektbeschreibung
Das Gebäude wurde vom Staatlichen Hochbauamt Schwäbisch Hall als BIM-Projekt ausgeschrieben. Für uns als Hochbau-Architekten ist die Feuerwache ein BIM-Pilotprojekt, und wir durften in diesem Zusammenhang die BIM-Gesamtkoordination leisten.

Das Projekt zeichnet sich trotz der räumlichen Distanz zu den Fachingenieuren besonders durch einen offenen, kollaborativen Ansatz aus. Der Austausch zwischen den insgesamt vier Planungsbüros der Leistungen Hochbau, Tragwerksplanung, HLSK und Elektroplanung wurde stets über das IFC 2x3 Format gewährleistet.

Als mittelständiges Architekturbüro konnte von uns ohne zusätzliche Expertise eine solide Modellqualität als Grundlage für die Ausführung des Gebäudes erreicht werden, die einen hohen zu koordinierenden gebäudetechnischen Anteil aufweist. Zudem konnten Erkenntnisse gesammelt werden, die unseren hausinternen BIM-Workflow bereichert haben.

Im Folgenden werden die für uns wichtigsten BIM-Anwendungsfälle dargestellt und erläutert.

Anwendungsfall: Kollisionsfreiheit

Die Modellqualität wurde mithilfe der Software Solibri sichergestellt. Zur Koordination wurde die BCF-Schnittstelle unter Zuhilfenahme von BIMcollab genutzt (siehe Prozesslandkarte). Die Kollisionsprüfung wurde auf Basis von drei bestimmenden Qualitätsmerkmalen erstellt. Hierfür wurden eigene projektspezifische Regelsätze entwickelt.

A – Voraussetzungsprüfung
B – Inhaltliche Prüfung
C – Kollisionsprüfung

In A – Voraussetzungsprüfung werden die Modelle der Fachdisziplinen gemäß der in den PIA beschriebenen Bestimmungen zu IFC-Standard, Lage, Geschossstruktur usw. geprüft. Modelle, die hier Unstimmigkeiten aufweisen, werden zurückgewiesen. Erst wenn alle Modelle eine einheitliche Struktur aufweisen, wird die nächste Phase gestartet.

In B – Inhaltliche Prüfung werden die Modelle der einzelnen Fachdisziplinen gemäß der in den AIA beschriebenen Bestimmungen zur Modellierungsrichtlinie und den Inhalten geprüft. Während in A die allgemeine Konsistenz geprüft wird, erhöht sich in B die Genauigkeit der Prüfung.

In C – Kollisionsprüfung werden die Modelle auf ihre geometrische und semantische Qualität gegeneinander geprüft.

Anwendungsfall: Schlitz und Durchbruchsplanung

Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die BIM-basierte Schlitz- und Durchbruchsplanung. Die Schlitze und Durchbrüche wurden von den Fachplanern der Bereiche Elektro und HLSK erstellt, gefiltert exportiert und anschließend über IFC im Autorenwerkzeug der Architekten zusammengeführt, um sie dort in Durchbruchskörper im Modell umzuwandeln. Die IFC-Schnittstelle und die damit verbundenen ifcPropertys sorgten für einen kongruenten, flüssigen und gewinnbringenden Austausch der Durchbrüche.

Die Beschriftung der Durchbrüche in den Architekturplänen konnte so direkt aus den ifcPropertys ausgelesen werden. Auch die räumliche Position der Durchbrüche ist stets mit den Planungsständen der Fachingenieure deckungsgleich und musste lediglich während der Aktualisierung der Data-Drops erneut überprüft werden.

Lediglich die Bemaßung der Durchbrüche musste nachgeführt werden. Folglich konnte die Tragwerksplanung von einem sauber koordinierten Informationsmodell Gebrauch machen. Diese Vorgehensweise ist sinnbildlich für den Workflow von BIM und den damit einhergehenden, gewinnbringenden Charakter der Planungsmethode.

Anwendungsfall: Modellbasiertes Raumbuch

Ergänzend zum Informationsmodell wurde seitens der Bauherrschaft ein modellbasiertes Raumbuch gefordert. Die gängigen Softwarelösungen hatten hier nicht den gewünschten Funktionsumfang, weshalb wir das Raumbuch auf Basis von interaktiven und modellbasierten Auswertungen aus dem BIM-Autorenwerkzeug exportiert und mit dem Programm FileMaker zusammengeführt und visualisiert haben. Der offene Austausch über .txt und .xls Dateien kann als interoperables Pendant zur IFC-Schnittstelle verstanden werden.

Anwendungsfall: Deckenspiegel

Auch die Deckenspiegel wurden mittels IFC in den Architekturzeichnungen abgebildet. Ähnlich wie bei der Schlitz- und Durchbruchsplanung wurde über die Entitäten der IFCElemente eine Filterung nach An- und Einbauten in den Decken durchgeführt. So konnten alle relevanten Elemente in den Deckenspiegeln gefiltert und letztlich in den Planunterlagen abgebildet werden.

Anwendungsfall: Mengenermittlung

Die Mengen zur Ausschreibung der Bauleistung wurden über das Ausschreibungsprogramm ORCA AVA und den IFC 2x3 Export aus Archicad ermittelt. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang die parametrische Bauteilbezeichnung, die wir über das IFC-Format erreicht haben. Hierzu wurden zur effizienteren Mengenzuordnung Bauteileigenschaften in den Titel des spezifischen Bauteils „gespiegelt“.

Eine beispielhafte Bezeichnung für eine Tür sah wie folgt aus:

„Innen_Tür_/_1 Flügel_1 Seitenfeld_L___37 dB_1,5250×2,4100“

Alle Werte im Titel sind somit mehrfach referenziert (In Plänen, Listen und Auswertungen usw.) und plausibilisiert.

Motivation
Besonders motiviert uns, dass die Anwendung von BIM auch Mehrwerte für kleine und mittelständige Architekturbüros birgt. Mit unserem Wettbewerbsbeitrag konzentrieren wir uns vor allem auf genau diese Vorteile und Erfahrungen, um zu zeigen, dass BIM nicht nur für Großprojekte sinnvoll ist.

Video von Lukas Richter, Architekturbüro STARKARCHITEKTEN

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    Video Feuerwache Niederstetten

    Neubau einer Feuerwache in Niederstetten