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Digitale Gebäudedaten zur Optimierung von Immobilien

Wie sich Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Energiemanagement bei Gebäuden verbessern lassen

Christof Leiss

Wir befinden uns in einer Zeit, in der die Betriebskosten steigen, Richtlinien und Gesetze die Anforderungen an Immobilien erhöhen und Maßnahmen zum Klimaschutz gesellschaftlich gefordert werden. Faktoren, die zunehmend dazu führen, dass Liegenschaftsbetreibende ihre Kompetenzen erweitern müssen oder extern Zuarbeit benötigen.

Diese Kompetenzen werden mit den Leitbegriffen Environmental Social Governance (ESG), Nachhaltigkeit, Energiemanagement, Umweltmanagement oder artverwandten Ausdrücken beschrieben. Das Anforderungsprofil dieser Stellen beinhaltet dabei vor allem eine Messbarkeit der betrachteten sogenannten Handlungsfelder. Eine Messbarkeit, die auf einer Datengrundlage basiert, die konsistent und jederzeit zur Verfügung stehen sollte.

Welche Rolle spielen dabei digitale Gebäudedaten – und wie können sie zu einer Optimierung von Immobilien führen? Im Fokus dieses Artikels soll vor allem das Handlungsfeld der Energieeffizienz stehen, das sowohl in den Phasen der Inbetriebnahme und Einregulierung als auch in der Betriebsphase einer Immobilie einen hohen Stellenwert einnimmt.

Woher kommen die Daten? Implementierung eines Systems

Bei der Implementierung eines Prozesses zur Optimierung der Energieeffizienz gibt es vielfältige Ansätze und unterschiedliche Zeitpunkte, um sie zu starten. Hierbei kann grundsätzlich zwischen einer zyklischen manuellen Bestandsaufnahme von definierten (Zähler-)Werten und einer digitalen Speicherung der verfügbaren Datenpunkte technischer Anlagen unterschieden werden.

Dabei sind die Anforderungen an die technischen Anlagen sehr unterschiedlich. Während bei der manuellen Bestandsaufnahme der Fokus hauptsächlich auf thermischen und elektrischen Verbräuchen liegt, sollen in der digitalen Erfassung Multivendoranlagen in einem System vereint und dargestellt werden. Der Begriff Multivendoranlage beschreibt die problemlose Zusammenarbeit von Automatisierungskomponenten verschiedener Hersteller.

Neben dieser extremen Betrachtungsweise gibt es viele Varianten, die zwischen den dargestellten Polen existieren. Somit kommen die Daten durch eine manuelle Zuarbeit oder automatisiert über Hilfssoftware in digitale Systeme.

Im Sinn des BIM-Lebenszyklus einer Immobilie können in der Planungsphase bereits früh eine Entscheidung für eine manuelle Datenbestandsaufnahme oder eine automatisierte digitale Datenpunktstruktur getroffen und die notwendigen Komponenten ohne aufwändige Änderungen eingeplant werden. Dagegen existieren in der Bestandssituation Limitierungen aufgrund der verbauten technischen Anlagen. Hier müssen der Bestand inklusive seiner Konnektivität betrachtet und Anpassungslösungen konzipiert werden.

Wird ein System zur Energieeffizienz erstmalig implementiert, deutet sich durch den kontinuierlichen Verbesserungsprozess eine Entwicklung zu einer detaillierteren Betrachtungsweise an. Hierbei ist eine Tendenz zur integralen Gesamtlösung erkennbar, die alle notwendigen Datenpunkte beinhaltet – ausgehend von der manuellen Bestandsaufnahme über proprietäre Insellösungen bis zur offenen Integralen Gesamtlösung.

In der Betrachtung der integralen Lösung sind neben den großen technischen Anlagen wie Lüftungsgeräten oder Wärme-/Kälteerzeugern auch vermeintlich kleine Feldgeräte in die Management- und Bedieneinheit (MBE) eingebunden. Hierzu zählen beispielsweise Jalousie-Motoren, die im Zusammenspiel der Gebäudeautomation automatisiert geschaltet werden, um ungewollte thermische Einträge in Hitzeperioden zu reduzieren. Dadurch kann Energie zur Kühlung eingespart werden.

Bei der Systemintegration nimmt die Gebäudeautomation (GA) als Schnittstelle zwischen den Gewerken eine entscheidende Rolle ein. Durch die Einzigartigkeit einer jeden Immobilie, die Kundenanforderungen der Datenerhebung und den Zeitpunkt der Implementierung entwickelt sich hier jedoch ein Fachbereich, der neben dem klassischen Bereich der GA auch das Verarbeiten der Daten in der IoT-Welt als Schwerpunkt hat.

Welche Daten nun gespeichert werden, wird durch die eingangs erwähnten Kompetenzen im Bereich Nachhaltigkeit definiert und durch die Fachkräfte für Systemintegration bzw. Anbietende von Plattformen für digitale Gebäudedaten umgesetzt. Datenpunkte werden abgestimmt und definierte technische Anlagen in die MBE integriert. Somit wird sowohl bei Retrofit-Konzepten als auch bei Neubauten sichergestellt, dass alle notwendigen Datenpunkte für die Optimierung von Immobilien gespeichert und bereitgestellt werden können.

Was passiert mit den Daten? Maßnahmen, Optimierung, Planung

Sind alle Datenpunkte digital verfügbar, gilt es, sie in einem ersten Schritt auf Richtigkeit zu prüfen: Entsprechen die virtuellen Datenpunkte den physischen Datenpunkten?

Ist dieser Schritt abgeschlossen und sind die notwendigen Anpassungen vollzogen, können die erhobenen Daten gespeichert und genutzt werden. Von konkret bis abstrakt werden die Daten über definierte Schnittstellen für jegliche Anwendung bereitgestellt.

Aus der Sicht der Energieeffizienz werden die relevanten Verbraucher des Systems identifiziert und Maßnahmen entwickelt, um diese zu reduzieren. Abbildung 1 zeigt eine grobe Übersicht des elektrischen und thermischen Verbrauchs einer Immobilie. So wird der gemessene globale Input auf der linken Seite auf die gemessenen Werte der Unterbereiche wie Büro oder Lager auf der rechten Seite aufgeschlüsselt.

Darstellung eines Sankey-Diagramms

Abbildung 1: Darstellung eines Sankey-Diagramms von der noemi-Plattform für Gebäudedaten

Bildcredit: Building Automation Team GmbH

Die Darstellung der Verbräuche lässt sich bis auf die Anlagentechnik herunterbrechen. Dadurch wird transparent visualisiert, welche Verbräuche durch welches Event und in welcher Quantität angefallen sind. Anhand der vorliegenden Daten werden von den Unternehmen über den PDCA-Zyklus Maßnahmen konzipiert, umgesetzt, kontrolliert und optimiert. Ziel ist dabei die Reduktion der Verbräuche. Dies steht in direkter Beziehung zu den Kosten und dem CO2-Ausstoß.

Neben den Werten der Verbraucher gibt es eine große Anzahl an Datenpunkten einer Immobilie, die durch die technischen Anlagen sowie die Sensoren und Aktoren generiert werden. Moderne Anlagentechnik und die zugehörige Automation können bereits einen Großteil der auftretenden Probleme eigenständig regulieren. Bei kritischen Anlagen gilt es, diese durch definierte Werte zusätzlich zu beobachten, da der Ausfall von technischen Anlagen zu Produktionsausfall, Fehlproduktionen oder Ausfallzeiten führen kann.

Hier bieten prädiktive Systeme eine Unterstützung, um beispielsweise Ausfallwahrscheinlichkeiten zu berechnen oder automatisiert Meldungen an das Facility Management zu senden, wenn Schwell- oder Warnwerte erreicht werden.

Die Komplexität einer solchen Anwendung kann dabei stark variieren, während das Ziel in allen Fällen eine Vermeidung von Ausfallzeiten der technischen Anlagen und eine Optimierung der Raumkonditionierung darstellt. Anlagen können grafisch aufbereitet, um Werte ergänzt und wie in Abbildung 2 dargestellt werden.

Thermodynamische Heiz-/Kühlanlage mit Kesselanlage

Abbildung 2: Thermodynamische Heiz-/Kühlanlage mit Kesselanlage

Bildcredit: Building Automation Team GmbH

Das systematische Speichern der Gebäudedaten an einem globalen Ort bietet die Möglichkeit, aktuelle Optimierungen durchzuführen und zu dokumentieren. Künftige Anwendungen wie Künstliche Intelligenz können mit den erhobenen Daten trainiert werden. Diese spiegeln neben der Effektivität und Effizienz der technischen Anlagen ebenso das Verhalten der Nutzenden wider. Sie sind nützlich für temporäre Lösungen und Langzeitoptimierungen – für aktuelle Immobilien im Betrieb und solche, die sich noch in der Konzeptions- oder Planungsphase befinden. Mit der Messbarkeit der Performance der Immobilien schaffen wir einen Immobilienbestand, der seine Emissionen kontinuierlich senkt und sich folglich kontinuierlich verbessert.

Autor/in

Christof Leiss

Christof Leiss

Head of Platform Development

Über eine handwerkliche Ausbildung fand Christof Leiss den Weg in den Bereich der Gebäudeoptimierung und Energieeffizienz. In seinem Studium fokussierte er sich auf innovative und digitale Lösungsansätze im Bauwesen und erforschte dabei Potenziale von Künstlicher Intelligenz in der technischen Gebäudeausstattung. Nach seinem Studium startete er in einem mittelständischen Generalunternehmen im Bereich Digitalisierung und entwickelte unter anderem eine Plattform, die Liegenschaften mit der IT-Welt verknüpft und technische Daten für Anwendungen bereitstellt. Aktuell verantwortet er die Weiterentwicklung dieses Projektes als Mitgründer eines Startups. (building-automation-team.com)