Ronny Wagner, Thomas Mierzwa und Jens Kilian (v. l. n. r.)/Finsterwalder Bau-Union GmbH FBU
 | Interview & Meinung, Planen, Bauen

„Der Übergang zur Praxis erfordert Schulungen und eine Begeisterung für den Wandel“

Interview mit Jens Kilian, Thomas Mierzwa und Ronny Wagner von der Finsterwalder Bau-Union GmbH

Die Finsterwalder Bau-Union GmbH (FBU) erkannte früh die transformative Kraft der BIM-Methode (Building Information Modeling) für die Zukunft des Bauens. Seit 2019 verfolgt das mittelständische Unternehmen aus Brandenburg einen eigenen, innovativen Ansatz zur Optimierung von Prozessen und Kostensenkung. Im Gespräch mit Geschäftsführer Jens Kilian, Architekt Thomas Mierzwa und dem Bereichsleiter für Berlin Ronny Wagner beleuchten wir die ersten Erfolge, die Herausforderungen und die ambitionierte Vision, BIM als Branchenstandard zu etablieren.

Wie und in welchen Bereichen wird BIM bei Ihnen eingesetzt?
Jens Kilian: Seit 2019 leiten wir konzernweit die Einführung von BIM und arbeiten dabei eng mit dem 5D Institut der Technischen Hochschule Mittelhessen zusammen. Gemeinsam entwickelten wir ein Unternehmenshandbuch, das von unseren Architekten und Bauzeichnern genutzt wird. Unsere Modelle haben mittlerweile Marktreife erreicht und kommen nun erstmals in der Kalkulation zum Einsatz.

Daher entwickelten wir ein eigenes BIM-Pflichtenheft, das als Grundlage für die Planung und Modellierung unserer Architekten in allen Abteilungen dient.
Jens Kilian

Gab es einen speziellen Auslöser für die BIM-Einführung?
Jens Kilian: Nach dem Besuch mehrerer Veranstaltungen wurde uns klar, dass der bestehende BIM-Standard nicht ausreicht. Die uns von unseren Auftraggebern und deren Architekten übergebenen Planungsunterlagen sind nur bedingt geeignet, diese für die Kalkulation zu verwenden. Daher entwickelten wir ein eigenes BIM-Pflichtenheft, das als Grundlage für die Planung und Modellierung unserer Architekten in allen Abteilungen dient.

Wie gestaltet sich die Anwendung in der Praxis?
Jens Kilian: Der Fokus liegt auf dem Hoch- und Ausbau. In einem Großprojekt integrieren wir derzeit weitere Gewerke, insbesondere die Haustechnik. Unsere Modelle ermöglichen eine genaue Mengenermittlung und tragen damit zur Verbesserung der Kostenermittlung bei. Durch die Visualisierung des Projektes ergeben sich dabei auch bessere Präsentationsmöglichkeiten gegenüber unseren Auftraggebern. Die schnelle Bemusterung von Leistungsverzeichnissen und die Erstellung von Ausschreibungen und der dazugehörigen EKT-Kalkulation gehören ebenfalls zu den Vorteilen.
Thomas Mierzwa: Unser Content umfasst alle Bauteile im Rohbau und Räume im Ausbau, die den Ausschreibungstexten direkt zugeordnet werden können.

Was bedeutet die Einführung von BIM für ein mittelständisches Unternehmen wie Ihres?
Thomas Mierzwa: Der Übergang zur Praxis erfordert Schulungen und eine Begeisterung für den Wandel. Die Einführung wird noch anderthalb bis zwei Jahre in Anspruch nehmen.

Wir sind aber sicher, dass die Nachfrage steigen wird. Einer unserer Industriekunden hat bereits Interesse gezeigt, alte Projekte in BIM zu überführen.
Jens Kilian

Wenn BIM-Leistungen noch nicht angefragt werden, können sie auch nicht in Rechnung gestellt werden.
Jens Kilian: Aktuell gibt es wenige Anfragen von Seiten unserer Auftraggeber, da diese sicherlich den damit verbundenen hohen Kostenaufwand scheuen. Wir sind aber sicher, dass die Nachfrage steigen wird. Einer unserer Industriekunden hat bereits Interesse gezeigt, alte Projekte in BIM zu überführen.

Wie wichtig ist Ihnen der Austausch mit anderen Unternehmen über eine Plattform wie buildingSMART Deutschland?
Jens Kilian: Der Austausch ist essentiell, um optimale Lösungen zu finden. Wir engagieren uns in Fach- und Regionalgruppen, um von der Open-BIM-Nutzung zu profitieren und Standards mitzugestalten.
Ronny Wagner: Speziell im Bereich Berlin sind wir bereits im direkten Austausch mit der Regionalgruppe Berlin-Brandenburg und es ist angedacht, ein Regionalgruppentreffen gemeinsam zu organisieren

Können Sie eine Strahlkraft auf Ihre Subunternehmen oder Partner entwickeln?
Jens Kilian: Momentan beschäftigen sich hauptsächlich die Gewerke Haustechnik und Fertigteilproduktion mit der Planung in BIM. In den sonstigen Gewerken ist noch viel Aufklärungsarbeit notwendig. Ein Grund hierfür dürfte auch der fehlende einheitliche BIM-Standard sein.

Vielen Dank für das Gespräch.

Finsterwalder Bau-Union GmbH (FBU)

Die FBU - Finsterwalder Bau-Union GmbH, gegründet 1990, ist ein Spezialist im Hoch- und Tiefbau mit Fokus auf Industrie-, Gewerbe- und Ingenieurbau. Mit 125 Mitarbeitern und einer Bauleistung von bis zu 75 Millionen Euro jährlich ist die FBU ein bedeutender Akteur in der Branche und bietet von der Planung bis zur Bauabwicklung alles aus einer Hand an. Neben ihrem Hauptsitz in Sonnewalde gibt es eine Niederlassung in Leipzig und eine Geschäftsstelle in Berlin.

Hauptgesellschafter ist die Heberger Holding, unter die neben der FBU auch die Heberger GmbH fällt, die ebenfalls Mitglied bei buildingSMART Deutschland ist.