3D-Modell einer Schule aus dem GenZero-ProjektBond Bryan Digital Ltd
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Das GenZero-Projekt: Eine Herausforderung für IFC

Das Best-Practice-Beispiel GenZero des britischen Bildungsministeriums zeigt, wie IFC als Datenstandard für den gesamten Abwicklungsprozess eines komplexen Projekts eingesetzt werden kann

Rob Jackson

Am Anfang stand die Herausforderung: Ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt, in dessen Rahmen zwei Schulen entworfen werden sollen (die eine in einem städtischen und die andere in einem ländlichen Gebiet), um die Umsetzung und Einhaltung extrem kohlenstoffarmer Baustandards für Bildungseinrichtungen zu untersuchen.

Mit dem Informationsmanagement für dieses Projekt wurde Bond Bryan Digital über das Centre for Digital Built Britain (CDBB) vom britischen Bildungsministerium (DfE) beauftragt.

Im Zuge dieser Aufgabe musste das Unternehmen neu überlegen, wie BIM und Best-Practice-Informationsmanagement zur Bewertung der Kohlenstoffbilanz und zur Ermittlung von Kostensteigerungen, die mit der Planung dieser Schulen einhergehen, eingesetzt werden können. Das Ziel war es, eine Reihe von Informationsmanagement-Ressourcen für die beauftragende Partei zu entwickeln.

Die Anforderungen im Hinblick auf die erforderlichen Informationen wurden von Bond Bryan Digital in Zusammenarbeit mit dem DfE erstellt. Dieser Vorgang beinhaltete die Entwicklung und die Dokumentation der für den Datenaustausch maßgeblichen Informationsanforderungen zur Unterstützung verschiedener Anwendungsfälle, z. B. Kohlenstoffanalyse, Koordination, Quantifizierung (zur Unterstützung der Kostenanalyse), Visualisierung und Verknüpfung mit Cloud-basierten Spezifikationen. Darüber hinaus beinhaltete die Arbeit auch die Übertragung von Daten in die operative Phase mittels COBie (einer gefilterten IFC-Ansicht speziell für betriebliche Anwendungsfälle), damit die Gebäude nach der Übergabe entsprechend verwaltet werden können.

Vollständige Übereinstimmung mit geltenden Richtlinien

Die Ressourcen für das Informationsmanagement wurden in vollständiger Übereinstimmung mit dem britischen BIM-Framework und der ISO19650-Normensammlung entwickelt, bevor die Designer für das Projekt ernannt wurden. Das ist normalerweise nicht der Fall, wenn Kunden eine dritte Partei als Informationsmanager beauftragen. Ein solches Vorgehen ist allerdings entscheidend für den späteren Erfolg eines Projekts. Nur auf diese Weise wird ein wirklich ISO19650-konformer Prozess ermöglicht.

Obwohl davon ausgegangen wurde, dass alle Designer zu Beginn des Projekts die gleichen Tools verwenden würden, wurden die Informationsanforderungen von Bond Bryan Digital auf Grundlage von offenen Standards (insbesondere IFC) entwickelt.

Als Basis für das Festlegen der Anforderungen und für das Dokumentieren der Informationen wurde das Schema IFC2x3 (ISO 16739:2005) verwendet. Dieses Schema wurde anschließend um weitere (durch das COBie-Schema geforderte) Eigenschaften ergänzt und zu guter Letzt um zusätzliche kundenspezifische Anforderungen erweitert.

Wichtig war vor allem die Verwendung von Klassifikationsreferenzen. Dazu gehörten Uniclass 2015 zur primären Klassifizierung, NRM1 zur Unterstützung von Quantifizierung und Kalkulation sowie eine maßgeschneiderte Klassifizierung, die es dem DfE ermöglichte, Informationen zur räumlichen Gestaltung zu definieren und zu bewerten. Das alles wurde innerhalb der IFC-Struktur erfasst.

Alle Informationsanforderungen wurden in einer Informationsmanagement-Plattform dokumentiert, die aus einer Kombination verschiedener Lösungen (wie z. B. Notion, Airtable und Whimsical) bestand. Diese Plattform diente als Information Hub des Projekts.

Das Information Hub ließ sich in andere Cloud-basierte Technologien wie 3D Repo (ein Cloud-basierter Modell-Viewer) integrieren und mit anderen im Projekt verwendeten Technologien verknüpfen (z. B. mit Asite als gemeinsame Datenumgebung des Projekts).

Die Arbeit von Bond Bryan Digital umfasste außerdem die Entwicklung von Prozessen zur Unterstützung des Ausschreibungsprozesses für das Designerteam sowie die Durchführung von Fähigkeits- und Kapazitätsbewertungen der potenziellen Designer anhand von Online-Formularen und Berichten. Dieser Prozess beinhaltete ebenfalls eine Bewertung in Bezug auf die Nutzung offener Standards. Diese Bewertung wurde jedoch nur auf Grundlage der tatsächlich ausgefüllten Formulare durchgeführt. Die Autoren wurden dazu ermutigt, die Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, um zu verstehen, in welchen Bereichen zusätzliche Unterstützung nötig war. Das half später bei der Umsetzung des Projekts.

Nach der Ernennung der Designer für das Projekt unterstützte Bond Bryan Digital das gesamte Team bei der Entwicklung der erforderlichen Ressourcen (wie z. B. eines BIM-Ausführungsplans, einer detaillierten Kompetenzmatrix und eines Gesamtkonzepts für die Übermittlung von Informationen). Diese Informationsmanagement-Ressourcen der federführenden beauftragten Partei wurden anschließend gemeinsam mit den Informationsmanagement-Ressourcen des Bildungsministeriums im Information Hub gespeichert. Das Information Hub bot für alle Ressourcen einen gemeinsamen Speicherort, an dem diese während der gesamten Projektlaufzeit abgelegt, abgerufen und verwaltet werden konnten.

Kollaboration innerhalb des GenZero-Projekts

Bildcredit: Ares Landscape Architects Ltd

Kollaborativer Ansatz

Als FuE-Übung war dieses Projekt äußerst ungewöhnlich und unterschied sich von anderen standardmäßigen ISO19650-Projekten vor allem dadurch, dass Bond Bryan Digital sowohl die beauftragende Partei (in diesem Fall das DfE) als auch die federführende beauftragte Partei (Mott McDonald) unterstützte. Mithilfe dieses kooperativen Ansatzes konnte sich das DfE einen besseren Überblick über den Fortschritt der Informationsbereitstellung während der gesamten Projektlaufzeit verschaffen.

Durch den Einsatz offener Standards für die Austausch-Informationsanforderungen des DfE war es möglich – unabhängig von ihrer jeweils ausgewählten Software –, die besten Designer für die Projektabwicklung zu ernennen. So wurden von dem Designerteam im Endeffekt vier verschiedene Softwareanwendungen genutzt:

  • Graphisoft Archicad (Architektur)
  • Autodesk Revit (Haustechnik, Gastronomie, Hoch- und Tiefbau und FF&E)
  • Nemetschek Vectorworks (Landschaftsarchitektur)
  • Bentley OpenBuildings Designer (konstruktiver Ingenieurbau)

Durch die Nutzung dieser vier verschiedenen Tools war es besonders wichtig, einen einheitlichen Open-BIM-Ansatz zu verwenden, mit dem Daten bereitgestellt werden konnten, die die in den Anforderungen des Kunden dargelegten Zwecke unterstützten.

Bond Bryan Digital unterstützte das Designerteam direkt bei der Bereitstellung der erforderlichen Informationen. Diese Arbeit beinhaltete aber nicht nur die Unterstützung in Form einer engmaschigen Betreuung, sondern auch die Bereitstellung von Mapping- und Vorlagendateien. Darüber hinaus arbeitete das Unternehmen während der gesamten Projektlaufzeit gemeinsam mit den Designern an der Lösung von Problemen in Verbindung mit dem Informationsaustausch.

Bond Bryan Digital verfügte bereits über umfangreiche Kenntnisse hinsichtlich der effizienten Nutzung von Autodesk Revit und Graphisoft Archicad für die Übermittlung von IFC-SPF (Industry Foundation Classes-STEP Physical File), die genau auf die jeweiligen Informationsaustausch-Anforderungen des Kunden ausgerichtet sind.

Die Nutzung der Tools Nemetschek Vectorworks und Bentley OpenBuildings stellte uns während des Projekts vor größere Herausforderungen, aber durch die enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen Designern war es auch hier möglich, eine weitestgehend effiziente Funktionsweise der Lösungen sicherzustellen. Es gab zwar einige Probleme, die während des Projekts nicht vollständig gelöst werden konnten (obwohl später Lösungen gefunden wurden), aber keines davon hatte größeren Einfluss auf die Informationen, die letztlich zur Erfüllung der Projektziele erforderlich waren.

3D-Modell einer Schule aus dem GenZero-Projekt

Bildcredit: Bond Bryan Digital Ltd

Dynamische Entwicklung

Je weiter das Projekt voranschritt, desto deutlicher wurde der tatsächliche Umfang des Informationsmanagements. Aus diesem Grund erfasste Bond Bryan Digital nun auch Kohlenstoffanalysedaten, die in die Cloud-basierte Kohlenstoffbewertungslösung One Click LCA importiert werden konnten, und unterstützte darüber hinaus den Austausch von Informationen zu Quantifizierungszwecken (iTWO costX). Ein wichtiges Tool hierfür war Solibri, mit dem die Datenanforderungen zur Unterstützung dieser Prozesse validiert werden konnten.

Wir entwickelten auch einen Ansatz, der es uns ermöglichte, über unser Information Hub cloudbasierte Spezifikationen für einige Designer bereitzustellen, wodurch weder für das Projekt noch für die Designer Mehrkosten entstanden und gleichzeitig die Vorgaben des Kunden eingehalten werden konnten. Diese Lösung ermöglichte eine direkte Verbindung zwischen 3D-Modellen (IFC-SPF) und den detaillierten Spezifikationen für jedes Produkt.

Des Weiteren konnten wir während der Entwicklung der Informationsanforderungen den Workflow zur Erstellung von Raumdatenblättern (RDS) untersuchen. Während wir die alphanumerischen Anforderungen sowohl für IFC als auch für COBie bereits frühzeitig dokumentiert hatten, mussten wir gemeinsam mit den Designern an einem entsprechenden Prozess für Graphisoft Archicad (Architektur) und Autodesk Revit (Haustechnik) arbeiten.

Im Rahmen dieses Prozesses wurden die Daten letztlich in Airtable importiert (über IFC-SPF, Solibri und COBie), wodurch die Raumdaten gemeinsam mit den Anforderungen des DfE an jeden Raum sowohl in Form einer Tabelle als auch in Form eines Datenblatts angezeigt werden konnten. Ein großer Vorteil hierbei sind die offenen Standards, die die Grundlage dieses Ansatzes bilden. Auf diese Weise ist es möglich, den Ansatz für jedes Tool zu nutzen, das IFC-SPF-Dateien generieren kann.

Bei jedem Informationsaustausch generierte Bond Bryan Digital mithilfe der IFC-Modelle föderierte Modelle. Dies ermöglichte eine Überprüfung der übermittelten Daten anhand der festgelegten Anforderungen. Und da beide Datensätze mit IFC strukturiert wurden, konnte diese Überprüfung mit automatisierten Regelsätzen durchgeführt werden. Da es sich bei COBie um ein Teilschema des IFC-Schemas handelt, war es zum einen möglich, diese Daten in Tabellenform zu extrahieren und zu exportieren, und zum anderen konnten so Berichte über die Informationssicherheit erstellt werden.

Das Projekt konnte sämtliche Vorgaben erfolgreich umsetzen. Als Ergebnis unserer harten Arbeit wurden wir bei den Construction Computing Awards mit dem Titel „BIM Project of the Year 2021“ (BIM-Projekt des Jahres 2021) ausgezeichnet.

Am Wichtigsten ist jedoch, dass ein wesentlicher Aspekt unseres Ansatzes im Anschluss an das GenZero-Projekt als Teil der Informationsmanagement-Ressourcen für das Ende 2021 vorgestellte und 7 Milliarden Pfund umfassende Baukonzept des DfE übernommen wurde. Selbstverständlich sind diese Ressourcen (wie bei GenZero) auf die Verwendung offener Standards ausgerichtet. Auf diese Weise ist es möglich, unabhängig von der Software die besten Designerteams auszuwählen und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis für alle künftigen Schulbauprojekte zu erzielen.


Projektdaten GenZero

Branche: Bildung
Projektlaufzeit: Januar 2020 bis August 2021
Auftraggeber: Department for Education (DfE)
Federführender Auftragnehmer: Mott MacDonald (Projektleitung, Kostenberatung, Akustik, Brandschutztechnik, BREEAM-Gutachter und Gutachter für CO2-Lebenszyklusanalysen)
Weitere Auftragnehmer: Lyall Bills and Young (Architektur), Cundall (Haustechnik), Smith and Wallwork (Bauingenieure), Ares Landscape Architects (Landschaftsarchitektur), Chalk Creatives (FF&E-Berater) und Garners Food Equipment (Catering-Berater)
Externes Informationsmanagement: Bond Bryan Digital (in Zusammenarbeit mit den Auftragnehmern)
Tools: 3D Repo, Airtable, Asite, Autodesk Revit, Bentley Systems OpenBuildings Designer, Graphisoft Archicad, iTWO costX, KUBUS BIMcollab ZOOM, Lumion, NBS Chorus, Nemetschek Vectorworks, Notion, One Click LCA, Solibri Office und Whimsical

Weitere Informationen


Der Artikel erschien zuerst im IFC Special Report, der von buildingSMART UK and Ireland und dem AEC Magazine erstellt wurde.

Autor/in

Rob Jackson

Geschäftsführer, Bond Bryan Digital

Robs Jackson ist Architekt und Gründer von Bond Bryan Digital. Im Dezember 2021 wurde er nach der Aufnahme in die BuildData-Gruppe zum Geschäftsführer von Bond Bryan Digital Limited ernannt. (bondbryandigital.co.uk)