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Common Data Environment für BIM

Für welche BIM-Projekte ist welcher CDE-Typ geeignet?

Stefan Kaufmann, Thomas Müller

Common Data Environments (CDE) ermöglichen ein professionelles BIM-Management in der Cloud – wenn CDE und BIM-Projekt zueinander passen

BIM schafft Mehrwerte, indem Projektbeteiligte über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks in definierten Prozessen zielorientiert zusammenwirken. Eine Vielzahl hochspezialisierter BIM-Lösungen hilft, Bauwerke zu modellieren, ihre Tragfähigkeit zu garantieren, Bauzeiten und -kosten zu verwalten, den Nutzungskomfort sowie einen ressourcenschonenden Betrieb zu gewährleisten.

Effektives und kontinuierliches Datenmanagement ist dabei einer der grundlegenden Vorteile von BIM. Gleichzeitig stellt es eine organisatorische und technologische Herausforderung dar. Denn Datensouveränität und Nutzbarkeit der Modelle müssen auch dann sichergestellt werden, wenn in interdisziplinären Teams vielfältige Softwareprodukte unterschiedlicher Hersteller im Einsatz sind, Projektpartner ohne BIM-Software beteiligt sind, Modelle weiterentwickelt werden oder sich Ziele und Modellarten im Laufe des Bauwerkslebenzyklus ändern.

Common Data Environments (CDE) ermöglichen ein professionelles BIM-Management in der Cloud. Fachmodelle werden für alle erreichbar zentral abgelegt und einheitlich visualisiert. Der Zugriff auf relevante Daten wird über Rechte und Fachgruppen verwaltet. Kollisionsprüfungen stellen die Modellqualität und Konsistenz der unterschiedlichen Fachmodelle sicher, Aufgaben werden direkt am Modell verwaltet. Dokumente, Pläne und BIM-Modelle können untereinander verlinkt und in klar strukturierten Prozessen freigegeben werden.

CDEs sind Plattformen für eine kontinuierliche und kollaborative Generierung von Bauwerksinformationen. Sie optimieren die Kommunikation – von der Machbarkeitsstudie bis hin zum digitalen Zwilling. Da das Angebot unterschiedlicher Lösungen im Markt wächst, stehen Planer und Bauherren zunehmend vor der Frage, für welche BIM-Projekte welcher CDE-Typ geeignet ist.

Reifegrade in BIM-Projekten – von Level 0 bis zum digitalen Zwilling

BIM-Projekte lassen sich in unterschiedliche Reifegrade unterteilen. International hat sich hier eine vierstufige Definition des Reifegrades durchgesetzt. Sie reicht von BIM Level von 0 bis 3 und beschreibt die Entwicklungsstufen bei der Nutzung digitaler Methoden. Mit zunehmender BIM-Reife wird in den Projekten einerseits die Anwendungsbreite der BIM-Modelle erhöht.

Andererseits wird auch das Datenmanagement zunehmend professioneller und integrierter, mit dem Ziel, die Effektivität des Gesamtprozesses zu erhöhen. In den Planungsbüros werden BIM-Projekte oft auf unterschiedlichen BIM-Levels parallel umgesetzt. Je nach Anforderung des Bauherrn, Qualifikation des Planungsteams und Projektkomplexität wird der Reifegrad bedarfsorientiert angepasst.

BIM Level 1 – Projektplattformen

Geht Level 0 von einem rein 2D-orientierten CAD mit ausschließlich grafischen Elementen aus, verbindet BIM Level 1 bereits 2D- und 3D-Informationen. So erleichtert die 3D-Darstellung das Verständnis für Entwurf und Fachplanungen. Darüber führt die räumliche Konstruktion zu höherer Planungsqualität.

Einfache Kollisionskontrollen durch Überlagerung von Fachmodellen sind möglich. Die Kollisionskontrolle schafft einen Mehrwert, der im Level 0 nicht vorhanden ist: Planungsfehler automatisiert zu erkennen und zu beheben, anstatt teure Anpassungen auf der Baustelle vornehmen zu müssen.

BIM Level 1 in verschiedenen Ausprägungen ist heute noch in vielen Planungsbüros Standard. Bei Projekten mit BIM Level 0 und 1 kommen klassische Projektplattformen oder PDF-basierte Kollaborationstools zum Einsatz. Deren Funktionsumfang hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. So bieten sie bereits 2D-basierte Markups, Aufgabenverwaltung, Planrevisionierung, Mengenermittlung und Freigabeprozesse an.

BIM Level 2 – Kombination unterschiedlicher Plattformen 

Bei BIM Level 2 sprechen wir bereits von einer durchgängigen BIM-Arbeitsweise. BIM Level 2 zeichnet sich aus durch eine Arbeitsweise mit semantischen Fachmodellen, die im Planungsprozess mit einer Vielzahl von Informationen angereichert werden. Mengen und Massen lassen sich daraus ebenso ableiten wie Grundrisse und Schnitte, oder eine auf dem Bauwerksmodell beruhende Logistik- und Bauzeitenplanung der künftigen Baustelle. Das erleichtert die disziplinübergreifende Zusammenarbeit. Vor allem das aus den Fachmodellen konsolidierte Koordinationsmodell schafft Transparenz und Kostensicherheit. BIM Level 2 zählt aktuell zum Standard bei den BIM-Vorreitern der Branche.

Bei Projekten mit BIM Level 2 werden in der Regel klassische Projektplattformen oder Filesharing-Systeme genutzt, um die Fachmodelle in Form von IFC-Files zentral verwalten zu können. Qualitätsprüfungen und das Konsolidieren der Fachmodelle findet mit Hilfe von Modell-Checker-Software auf dem Rechner des BIM-Koordinators statt. Freigabeprozesse werden weiterhin planbasiert auf PDF-basierten Kollaborationstools organisiert. Das Aufgabenmanagement wird in zusätzliche Cloudservices ausgelagert. So entsteht ein heterogenes, schwach verlinktes System unterschiedlicher Kollaborationslösungen.

BIM Level 3 – Common Data Environments

BIM Level 3 zeichnet sich durch die integrale Arbeitsweise aller Projektbeteiligter aus, die mit Hilfe cloudbasierter CDE-Lösungen erfolgt. In der CDE werden die Fachmodelle zu einem Koordinationsmodell konsolidiert, das für alle zugänglich und verbindlich ist. Auf dem Weg zum fehlerfreien Gesamtmodell werden die Modellqualität durch den BIM-Manager in der Cloud geprüft und Modelle durch die Fachplaner aktualisiert.

Jeder Projektbeteiligte kann auf die freigegebenen Projektstände zugreifen. Je nach Rolle können über ein Web-Frontend Informationen zum Modell hinzugefügt und Dokumente verlinkt werden. Durch die zentrale Koordination und Visualisierung ergeben sich neben einer erhöhten Planungsqualität eine bessere Zusammenarbeit sowie umfassende Auswertungsmöglichkeiten – etwa bei der Mengenermittlung oder der Bauzeitenplanung.

Über ein integriertes Issue-Management werden Aufgaben modellbasiert lokalisiert, beschrieben, verwaltet und transparent kommuniziert. Das erleichtert das Beheben von Planungsfehlern und Baumängeln. Ergänzende Informationen wie Pläne, Fotos und Dokumente können gemeinsam mit den Modellen verwaltet und freigegeben werden. Für den Upload von Fachmodellen stehen herstellerunabhängige IFC-Schnittstellen zur Verfügung. Aufgaben können mit Hilfe von BCF-Files aus dem CDE in die Autorensysteme zurückgespielt werden.

Viele CDEs erfüllen bereits die Anforderungen an modellbasierte Bauplanungsprozesse, die international in der ISO 19650 festgelegt sind. Die ISO 19650 wurde in Deutschland für die Anforderungen Projekten nach BIM Level 1 und 2 durch die DIN Spec 91391 ergänzt.

Next Level BIM – objektbasierte BIM-Datenbanken für den digitalen Zwilling

Mit Bimplus hat Allplan eine cloudbasierte Plattform entwickelt, die im Bereich des Modell-Managements bereits heute eine Technologie bereitstellt, die über das Konzept klassischer CDEs nach DIN Spec 91391 hinausgeht. Technologische Grundlage für die Plattform bildet eine Projektdatenbank, mit der geometrische und alphanumerische Informationen aller Einzelkomponenten verwaltet werden. Das hochstrukturierte Datenmodell gewährleistet langfristig und zuverlässig höchste Datenqualität. Es ermöglicht ein performantes und dynamisches Informationsmanagement für transparente und reibungslose BIM-Prozesse – auch bei großen und hochattribuierten BIM-Modellen mit einer Vielzahl an Modellrevisionen.

Die herstellerneutrale IFC-Schnittstelle ermöglicht den filebasierten Upload von Fachmodellen in die Cloud. Seine leistungsfähige Programmierschnittstelle (API) macht die Erzeugung von Files für den Datenaustausch obsolet und ermöglicht die Nutzung der Datenbank auf vielfältige Weise mit unterschiedlichen Softwareprodukten. Software und Cloud-Services lassen sich herstellerunabhängig direkt mit der Datenbank verbinden, um Modelle zu erstellen, zu analysieren, mit Information anzureichern oder mit Dokumenten zu verlinken.

Zentrale Anforderung an ein leistungsstarkes Informationsmanagement im Bauwesen ist die dynamische Verwaltung unterschiedlicher Teilmodelle. Die BIM-Datenbank optimiert Planungsprozesse durch ein zuverlässiges Revisionsmanagement. Müssen bei filebasierten BIM-Level-3-Systemen ganze Teilmodelle geladen werden, können mit Hilfe der BIM-Datenbank gezielt einzelne Bauteile oder Attribute ergänzt und gepflegt werden. Ein integriertes Prozessmanagement nach ISO 19650 ermöglicht ein fein abgestimmtes Freigabemanagement und bietet ein Koordinationsmodell, das jedem Planungsbeteiligten die für ihn relevanten Informationen liefert.

Während die Modellinhalte der eigenen Fachdisziplin in der aktuellen Version gezeigt werden, liegen die Fachmodelle der Projektpartner in der jeweils letzten geteilten Version im Koordinationsmodell vor. So entsteht ein Modell der unterschiedlichen Geschwindigkeiten, das jederzeit Zugriff auf alte Planungsstände ermöglicht. Auch die verlinkten Dokumente werden in der Datenbank kontinuierlich revisioniert und liegen dank integrierter Freigabeprozesse für alle Planungsbeteiligten in der für sie relevanten Version vor.

Nutzen für Bauherren

Der Bauherr spielt eine besondere Rolle im BIM-Prozess. Er verfolgt unabhängig vom genutzten Betriebssystem oder Endgerät die Entstehung des digitalen Zwillings. Er kann das Gebäude während des gesamten Planungsprozesses jederzeit und von überall virtuell begehen. Dabei greift er auf den aktuellen Stand der Fachmodelle und Pläne zu. Ohne zusätzlichen Aufwand erhöht sich das Projektverständnis und die Begeisterung des Bauherrn, der am Tablet die Entwurfsphase des Gebäudes miterlebt.

Planungsänderungen und Produktentscheidungen werden von ihm mit dem integrierten Issue-Management direkt am Modell kommuniziert und von den Planern dokumentiert und strukturiert abgearbeitet. Auch das integrierte Issue-Management profitiert dabei vom Datenbankkonzept. Alle Aufgaben können wahlweise am aktuellen Planungsstand visualisiert werden als auch am Planungsstand zum Zeitpunkt der Erstellung des Issues.

Ein wesentlicher Vorteil von BIM ist die Maschinenlesbarkeit der Daten. Numerische Simulationen liefern wertvolle Informationen zur Leistungsfähigkeit des späteren Bauwerks und helfen Fachplanern, den wachsenden Anforderungen an die Bauwerksqualität gerecht zu werden. Mit Bimplus können neben visuellen Simulationen in der Cloud statische Analysemodelle für den Tragwerksplaner erzeugt werden. So arbeiten unterschiedliche Fachdisziplinen integriert auf der Plattform zusammen und erhöhen kontinuierlich den Informationsgehalt und die Qualität der Planung.

Autor/innen

Stefan Kaufmann

Stefan Kaufmann

ALLPLAN

Stefan Kaufmann durchlief nach seinem Studium der Architektur mit Fokus auf BIM verschiedene Stationen im Laufe seiner akademischen Karriere an der TU München und als Geschäftsführer des Leonhard Obermeyer Centers (LOC). Seit 2018 ist Stefan Kaufmann als Product Manager BIM Strategy and New Technologies bei der ALLPLAN GmbH tätig. Stefan Kaufmann ist Mitglied des Advisory Board des buildingSMART Deutschland e.V. (allplan.com)
Thomas Müller

Thomas Müller

ALLPLAN

Thomas Müller startete direkt nach dem Studium der Mathematik an der Universität Regensburg 1998 seine berufliche Karriere bei der Allplan als Software-Entwickler im Bereich Schnittstellen. Nach mehreren Jahren als Projektleiter für die Implementierung der IFC-Schnittstelle wechselte er 2014 ins Produktmanagement, wo er seit 2018 als Product Manager Interoperability für die Themen rund um Open-BIM-Workflows zuständig ist. Dazu ist er in zahlreichen nationalen und internationalen Arbeitsgruppen aktiv und steht auch in engem Kontakt zu den Kunden. (allplan.com)