Bild: Hendrik Bollmann
 | Interview & Meinung

"BIM soll vom Pilotprojekt zum Standard werden"

Interview mit Hendrik Bollmann, Mitglied des Deutschen Bundestages und Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen

Herr Bollmann, Sie sind seit 2025 für den Wahlkreis Herne – Bochum II neu im Bundestag und wurden zum Obmann der SPD-Fraktion im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen ernannt. Welche Schwerpunkte wollen Sie in dem Ausschuss setzen?

Vielen Dank für das Gespräch. Es ist für mich eine besondere Ehre, gleich zu Beginn meiner Zeit im Bundestag als wohnungspolitischer Sprecher meiner Fraktion Verantwortung in diesem wichtigen Ausschuss übernehmen zu dürfen. Wohnen, Bauen und Stadtentwicklung sind Themen, die das Leben der Menschen unmittelbar betreffen – und genau hier können wir viel bewegen. Mein zentrales Anliegen ist es, Wohnen bezahlbarer zu machen. Dabei reicht es nicht, nur am Mietrecht anzusetzen. Das Kernproblem ist: Wir bauen in Deutschland zu teuer, zu kompliziert und zu langsam. Wir müssen Verfahren vereinfachen, Bauzeiten verkürzen und die Kosten senken – nur so entsteht ausreichend bezahlbarer Wohnraum. Besonderes Augenmerk möchte ich dabei auf den sozialen Wohnungsbau legen sowie den Erwerb von Eigentum für mittlere Einkommen. Gleichzeitig sehe ich auch die Bedürfnisse junger Menschen in Ausbildung. Als ehemaliger Lehrer weiß ich, wie schwer es gerade Auszubildende haben, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Azubi-Wohnen ist daher ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt.
Als weiteres zentrales Element gilt es, die Digitalisierung des Bauwesens voranzutreiben. Gemeinsam mit dem Bundesministerium müssen wir die Baubranche bei der digitalen Transformation gezielt unterstützen. Denn die Digitalisierung ist ein essenzieller Baustein für die angestrebte Vereinfachung.

Die Regierung ist seit über 100 Tagen im Amt. Welche Bilanz ziehen Sie nach dieser Zeit für den Bereich Bauen und Wohnen?

In den ersten 100 Tagen haben wir gemeinsam mit unserer Ministerin Verena Hubertz wichtige Weichen gestellt. Besonders hervorheben möchte ich den Bau-Turbo. Er ist ein zentrales Instrument, um schneller, effizienter und damit auch günstiger bauen zu können – und damit letztlich mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Ein weiterer Schritt war die Verdopplung der Bundesmittel für das Programm Junges Wohnen auf nun eine Milliarde Euro. Damit können wir den Bau und die Sanierung von Azubi- und Studierendenwohnheimen gezielt unterstützen. Gerade junge Menschen in Ausbildung brauchen verlässliche und bezahlbare Wohnmöglichkeiten – hier setzen wir ein klares Signal. Darüber hinaus haben wir die sogenannte Sportmilliarde auf den Weg gebracht. Sie wird über mehrere Jahre verteilt, sodass Kommunen langfristig planen können. Sportstätten wie Turnhallen, Schwimmbäder oder Sportplätze sind nicht nur wichtige Orte für Bewegung und Gesundheit, sondern auch für Gemeinschaft, Integration und Vereinsleben.

Mit dieser Förderung nehmen wir den Städten und Gemeinden finanziellen Druck und stellen sicher, dass Kinder, Jugendliche, Vereine und Seniorinnen und Senioren moderne und gut ausgestattete Einrichtungen nutzen können.

Laut Koalitionsvertrag soll Building Information Modeling (BIM) zum „zentralen Instrument der Digitalisierung des Bauwesens” weiterentwickelt werden. Wie wollen Sie das erreichen?

BIM soll vom Pilotprojekt zum Standard werden. Dafür setzen wir auf klare Vorgaben bei öffentlichen Bauvorhaben, einheitliche Standards und eine gezielte Förderung von Know-how. Entscheidend ist, dass wir die gesamte Branche mitnehmen – auch kleine und mittlere Unternehmen –, damit die Digitalisierung im Bauwesen flächendeckend ankommt und nicht nur bei einzelnen großen Projekten. Als Bund müssen wir hier verlässlich und unterstützend, auch finanziell zur Seite stehen und darauf achten, dass sensibel mit Bauwerksdaten umgegangen wird. Eigentums- und Urheberrechte müssen stets gewahrt bleiben und dürfen nicht in die Hände von einigen wenigen Konzernen fallen.

Die Koalition hat sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, das Planungs-, Bau-, Umwelt-, Vergabe- und Verwaltungsverfahrensrecht zu novellieren. Das Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des BauGB („Stichwort Bauturbo“) ist bereits vom Bundeskabinett verabschiedet und soll im Bundestag bis Herbst 2025 abgeschlossen sein. Wie sehen die zeitlichen Planungen für die anderen aufgeführten Novellierungen aus?

Mit dem Bau-Turbo haben wir beim Baugesetzbuch bereits einen großen Schritt gemacht. Das zeigt: Wir meinen es ernst mit schnelleren und einfacheren Verfahren. Auch bei den weiteren Rechtsbereichen – Planungs-, Umwelt-, Vergabe- und Verwaltungsverfahren – gilt: Wir wollen zügig vorankommen, aber sorgfältig arbeiten. Es geht um tiefgreifende Reformen, die viele Ebenen betreffen. Deshalb setzen wir auf eine enge Abstimmung mit Ländern und Kommunen. Ziel ist, bis Ende der Legislaturperiode spürbare Vereinfachungen umzusetzen, damit Bauvorhaben künftig schneller genehmigt, geplant und realisiert werden können.

Inwiefern wird in den Novellierungen der einzelnen Rechtsakte die digitale Transformation im Bauwesen und BIM berücksichtigt?

Die digitale Transformation wird in allen Novellierungen eine zentrale Rolle spielen. Unser Ziel ist es, Planungs- und Genehmigungsverfahren so auszugestalten, dass digitale Prozesse künftig der Normalfall sind. BIM ist dabei ein entscheidendes Werkzeug – von der Planung über den Bau bis zum Betrieb von Gebäuden. Deshalb wollen wir in den neuen Rechtsrahmen verbindliche Standards und klare Anwendungsmöglichkeiten verankern. So stellen wir sicher, dass Digitalisierung nicht nur als Zusatz läuft, sondern zum integralen Bestandteil des Bauwesens wird.

Deshalb wollen wir in den neuen Rechtsrahmen verbindliche Standards und klare Anwendungsmöglichkeiten verankern. So stellen wir sicher, dass Digitalisierung nicht nur als Zusatz läuft, sondern zum integralen Bestandteil des Bauwesens wird.
Hendrik Bollmann (SPD)

Beim buildingSMART-Roundtable „BIM für die Öffentliche Hand” Anfang Juli 2025 wurde deutlich, dass viele öffentliche Verwaltungen bei der Einführung von BIM immer wieder bei null anfangen müssen. Es existieren keine gemeinsamen Standards für die Einführung von BIM und digitalen Prozessen sowie für die Datenpflege. Welche Hebel hat der Bund, um die digitale Transformation im Bereich Planen und Bauen bei den öffentlichen Verwaltungen zu beschleunigen?

Genau hier liegt eine zentrale Aufgabe des Bundes: Wir müssen für einheitliche Standards und klare Vorgaben sorgen, damit Verwaltungen nicht jedes Mal bei null anfangen. Das betrifft sowohl die Einführung von BIM als auch die Datenpflege und den Umgang mit digitalen Prozessen. Wichtig ist dabei, dass wir Pilotprojekte bündeln, Erfahrungen systematisch auswerten und Best-Practice-Lösungen breit verfügbar machen. Gleichzeitig braucht es gezielte Qualifizierung und Unterstützung der Verwaltungen, insbesondere auf kommunaler Ebene. So schaffen wir eine gemeinsame Grundlage, auf der digitale Verfahren flächendeckend und effizient umgesetzt werden können.

Wie sinnvoll wäre es Ihrer Meinung nach, wenn der Bund Initiativen zur Unterstützung der digitalen Transformation der Städte und Kommunen bei der Einführung von BIM fördert?

Sehr sinnvoll. Der Bund kann hier eine koordinierende und unterstützende Rolle übernehmen, indem er Fördermittel, Leitfäden und Schulungsangebote bereitstellt. Gerade kleinere Städte und Kommunen profitieren davon, wenn sie auf erprobte Standards und bewährte Methoden zurückgreifen können. So wird die Einführung von BIM effizienter, die Prozesse werden vergleichbar, und die digitale Transformation im gesamten Bauwesen lässt sich deutlich beschleunigen.

Herr Bollmann, herzlichen Dank für das Interview.