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BIM endet nicht auf der Baustelle

Über den Nutzen von BIM in allen Lebenszyklusphasen der Gebäude

Malte Leffers

Wenn Sie über BIM lesen, geht es meistens um die effizientere Planung und Errichtung von Gebäuden. Doch welche Nutzungsmöglichkeiten und Vorteile von BIM ergeben sich für die späteren Lebenszyklusphasen eines Gebäudes?

Die Erkenntnis, dass BIM viele Vorteile gegenüber der traditionellen Planung besitzt, wächst in den vergangenen Jahren bei allen Gewerken im Bauwesen und auch in der Politik. BIM ist bereits jetzt Bestandteil einiger DIN-Normen, VDI-Richtlinien und internationaler Richtlinien und Standards (Tendenz steigend).

Neben der Digitalisierung steht mehr denn je ein weiteres Thema im Fokus des Bauwesens: Das nachhaltigere Bauen und Betreiben von Gebäuden und damit einhergehend das Verständnis, Gebäude in einem Lebenszyklus zu betrachten. Bei der Analyse von Lebenszyklen (Life-Cycle Assessment und Life-Cycle Costing) fällt auf, dass die Kosten und der CO2-Fußabdruck für das Nutzen bzw. Betreiben eines Gebäudes höher sind als für die ersten Lebensphasen eines Gebäudes, die Planung und Bau umfassen.

Diese Erkenntnis ist nicht neu. Große Konzerne der Bauindustrie haben dies bereits vor längerer Zeit erkannt und generieren große Anteile ihrer Umsätze mit der Wartung von Gebäudetechnik. Der technische Fortschritt in Form von digitalen Tools wie BIM kann zukünftig eine wichtige Stellschraube sein, um klimafreundlicher, aber auch wirtschaftlicher zu agieren. Demzufolge schauen wir uns im Folgenden an, wie BIM nach der Errichtung eines Gebäudes erfolgreich genutzt werden kann bzw. welche Vorteile sich aus der Nutzung ergeben.

Nutzungsmöglichkeiten von BIM in späteren Phasen des Lebenszyklus

Die Wartung der technischen Gebäudeausrüstung basiert auf der Qualität der Revisionsunterlagen und der Qualität des Wartungspersonals. Durch die Anwendung von BIM können die Qualität der Revisionsunterlagen erhöht und das verantwortliche Personal unterstützt werden. In der Regel liegen dem Wartungspersonal 2D-Pläne vor. Ein BIM-Modell bringt unter anderem den offensichtlichen Vorteil der besseren Übersichtlichkeit aufgrund der Dreidimensionalität mit sich.

Objekte im 3D-Modell können zudem mit wartungsrelevanten Spezifikationen gefüttert werden. Auf mobilen Endgeräten können Verantwortliche vor Ort die zu wartenden Objekte mithilfe eines BIM-Modells einfacher lokalisieren, indem sie ein steuerbares 3D-Modell zur Verfügung haben. Mithilfe von BIM-Viewern ist es bereits heute möglich, einzelne Elemente wie beispielweise ganze Wände auszublenden oder horizontale und vertikale Schnitte an den gewünschten Positionen zu erzeugen. Die zu wartenden Objekte können markiert oder kommentiert und so zur Bearbeitung eines Auftrags mit weiteren Personen geteilt werden.

Diese verbesserte Visualisierung hilft insbesondere bei Gebäudeausrüstungen, die in großen Zeitintervallen gewartet werden müssen und dementsprechend selbst vom Vor-Ort-Personal nicht ohne Vorbereitung gewartet werden können. Aber auch neue Mitarbeiter oder outgesourcte Dienstleistungsfirmen können so Gefahren (bspw. Kollisionen mit benachbarten TGA-Leitungen) vermeiden, den Zeitaufwand reduzieren und letztendlich Kosten sparen.

Es existieren bereits Augmented-Reality-Apps für die Wartung. Stellen Sie sich hierzu vor, Sie starten die Kamera Ihres Smartphones, und die übliche Anzeige wird durch Inhalte wie bspw. verdeckte Rohre der Haustechnik ergänzt. Die Kombination von BIM und Augmented Reality könnte zukünftig auch für andere Bereiche (z. B. Smart Home) Anwendung finden.

Auch bei der Vermarktung von Bestandsimmobilien können BIM-Modelle hilfreich sein, um diese gewinnbringend zu verkaufen oder erfolgreich zu vermieten. Das Mobiliar einer Immobilie lässt sich in einem BIM-Modell schnell verändern. Daraus können optisch ansprechende Renderings erzeugt werden. Um die Vorstellung potenzieller Mieter oder Käufer anzuregen, können auf Basis des BIM-Modells nicht nur Bilder erzeugt werden, sondern auch Videos einer Immobilie oder sogenannte real-time-renderings, die man – vergleichbar zu einem Computerspiel – digital durchlaufen kann. Vorstellbar sind überdies auch Einbindungen von 3D-Visualiserungen für die Endnutzer (Kunden, Arbeitnehmer) eines Gebäudes, um deren Aufenthalt zu verbessern.

Generell lassen sich die Informationen eines gut gepflegten BIM-Modells für viele Umbaumaßnahmen, energetische Optimierungen und damit verbundene Planungen und Berechnungen nutzen. Die Geometrien und Daten des BIM-Modells können zukünftig bspw. Umbauten in den Bereichen Gebäudeautomation, Energietechnik und Gebäudesicherheit vereinfachen.

Die genannten Nutzungsmöglichkeiten waren nur einige Beispiele für die Anwendung von BIM nach der Bauphase. Generell ist damit zu rechnen, dass noch viele weitere Nutzungsmöglichkeiten von BIM existieren bzw. in der Zukunft entstehen.

Voraussetzungen

Wenn wir über die Nutzung von BIM beim Facility Management nachdenken, gibt es im Wesentlichen eine auf den ersten Blick simpel erscheinende Kernvoraussetzung: Wir benötigen ein BIM-Modell. Zurzeit werden aber nur die wenigsten Gebäudemanager ein BIM-Modell ihrer Immobilie zur Verfügung haben. Die Anfertigung eines kompletten BIM-Modells für ein Bestandsgebäude auf Basis von uralten Plänen und Revisionsunterlagen ist machbar, aber mitunter kosten- und zeitaufwendig. Der Schritt vom BIM-Model aus der Planung (As-Planned Model) zum sogenannten digitalen Zwilling (As-Built Model) kurz nach der Errichtung des Gebäudes ist wesentlich kleiner.

Hier ist aktuell in der Praxis die Schnittstelle zwischen BIM-Modellen aus der Planungs- bzw. Bauphase zum BIM-Betriebsmodell ein kritischer Punkt. Vergleichbar mit Projektübergaben in vorherigen Leistungsphasen können zu diesem Zeitpunkt wichtige Informationen verloren gehen. Wenn man die Idee des digitalen Zwillings verfolgt, muss zum Abschluss der Bauphase nicht nur das Bauwerk fachgerecht abgenommen werden, sondern auch das dazugehörige BIM-Modell. Der Betreiber kann und sollte das Modell dann gegebenenfalls noch ergänzen, da insbesondere zu Beginn der Nutzung kleinere Anpassungen wahrscheinlich sind. Um den größtmöglichen Gewinn aus einem BIM-Bestandsmodell zu ziehen, muss es fortlaufend aktualisiert werden, wenn Änderungen am Gebäude vorgenommen werden.

Um die Übergabe von digitalen Informationen aus der Planung zum Betrieb sicherzustellen, bedarf es funktionierender Softwareschnittstellen, da sich vor allem im Facility Management viele unterschiedliche Softwareanbieter den Markt untereinander aufteilen. Ein zentraler Bestandteil der Arbeit von buildingSMART ist die Schaffung solcher Softwareindustriestandards für ein anbieterunabhängiges BIM (Open-BIM). Bei der interdisziplinären Planung von Gebäuden kommt es (noch) häufig zu Zeit- und Informationsverlusten aufgrund von unterschiedlichen IT-Systemen. Die Schaffung eines Standards ist auch für das Betreiben von Gebäuden von großem Vorteil, da hier digitale Inhalte über den gesamten Lebenszyklus von mehreren Jahrzehnten genutzt und angepasst werden müssen.

Wichtig bei der Nutzung von BIM ist, dass das verantwortliche Personal mitgenommen und – falls notwendig – geschult wird. Es besteht zum Teil noch Unkenntnis und damit verbundene Ablehnung oder Skepsis gegenüber BIM. Interessanterweise wenden einige Akteure im Bauwesen Teile von BIM bereits unbewusst erfolgreich an. BIM soll und kann die Arbeit einfacher machen, nicht komplizierter.

Es lohnt sich, BIM nach dem Bau weiter zu nutzen

In Deutschland schreitet die Digitalisierung im Bauwesen im Vergleich zu anderen Industrien und im internationalen Vergleich langsamer voran. Dies trifft auch auf die Nutzung von BIM in späteren Phasen des Lebenszyklus zu. In der Praxis wird BIM (noch) eher selten für das Betreiben von Gebäuden genutzt.

Das ist schade, da es bereits zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten von BIM für die späteren Phasen des Gebäudelebenszyklus gibt und in der Zukunft wohl weitere dazukommen werden. Die Hauptvoraussetzung für die Implementierung von BIM in den Gebäudebetrieb ist ein qualitativ hochwertiges BIM-Modell. Insbesondere bei Neubauten sollten diese Modelle Bestandteil der Planungs- und Bauphase sein und nach der Baufertigstellung an den Betreiber übergeben werden. Liegt dieser digitale Zwilling des Gebäudes erst einmal vor und wird fortlaufend aktualisiert, kann er für alle zukünftigen BIM-Anwendungen genutzt werden. Die zusätzlichen Kosten für eine BIM-Planungen sollten sich – aktuellen Forschungsergebnissen gemäß – schnell amortisieren.

Bisherige Untersuchungen gehen generell von einem großen positiven Potenzial von BIM für das Betreiben von Gebäuden hinsichtlich Kostenreduzierung, Sicherheit und Prozessgeschwindigkeit aus. Dementsprechend können sich progressive Akteure durch die Nutzung von BIM einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Autor/in

Malte Leffers

Malte Leffers

DB Station&Service

Malte Leffers ist Projektleiter für den nachhaltigen Neu- und Umbau von Bahnhöfen bei der DB Station&Service. Er studierte Architektur (B.Sc.) an der Berliner Hochschule für Technik und beendete 2018 den internationalen Masterstudiengang „Construction and Real Estate Management“ (HTW Berlin & Metropolia Helsinki) als Jahrgangsbester. (bahnhof.de)