Bauteildaten, Bauwerksdaten, Baustoffdaten – Wem gehören die Daten?metaworks/stock.adobe.com
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Bauteildaten, Bauwerksdaten, Baustoffdaten

Wem gehören die Daten?

Till Kemper

Daten sind die wesentlichen Bausteine für BIM. Sie enthalten die notwendigen Informationen, damit BIM mehr ist als eine bloße 3D-Darstellung. Es lohnt sich also, sich zu vergegenwärtigen, wie das „Dateneigentumsrecht“ in Deutschland gestrickt ist. Daraus ergeben sich zahlreiche Fragen, von denen einige in diesem Beitrag bearbeitet werden sollen.

1. Grundlagen 

In Deutschland kennen wir aus der Rechtssystematik kein „Dateneigentumsrecht“, wie die Arbeitsgruppe Digitaler Neustart der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder 2017 in ihrem Bericht darstellte. (1) Das Eigentum an Daten folgt dem Eigentum an der Sache. Wem beispielsweise ein Bauteil gehört, dem gehören auch die dazugehörigen Daten.

Das Eigentum an den Daten folgt somit dem Übereignungs- und Vertragsfluss an der Sache an sich. Für ein Bauteil etwa würde dies bedeuten, dass grundsätzlich das Eigentumsrecht als Bauteildatum beim Bauprodukthersteller liegt, bis es an das ausführende Gewerk verkauft wird. Mit Verkauf und Übereignung des Objektes an das ausführende Gewerk geht das Eigentumsrecht an dieses über. Das ausführende Gewerk behält sich in der Regel einen Eigentumsvorbehalt an den Bauteilen bis zum letztendlichen Verbau und der Zahlung der Schlussrechnung gegenüber dem Bauherren vor.

Spätestens mit Zahlung der Schlussrechnung gehören die Daten am Bauteil dem Grundstückseigentümer. 
Till Kemper

Sind diese Voraussetzungen erfüllt und ist insbesondere das Bauteil in das Bauwerk eingebracht, geht das Eigentum an dem Bauteil sachenrechtlich an den Eigentümer des Gesamtobjekts bzw. des Grundstücks über. Hat mithin also der Bauherr die notwendigen Zahlungen an den Bauunternehmer geleistet, ist spätestens mit Zahlung der Schlussrechnung das Eigentum am Bauteildatum begründet. Folglich gehören dann auch die Daten am Bauteil dem Grundstückseigentümer.

Dem Grunde nach wird im Recht nach Sachenrecht und Schuldrecht unterschieden. Sachenrechtlich kommt es darauf an, dass die Sache tatsächlich übergeben/verbaut und vollständig in den Rechtskreis des Erwerbers entlassen wird. Schuldrechtlich werden dann die Rahmenbedingungen für den Eigentumsübergang im jeweiligen Kauf- oder Werkvertrag geregelt.

Die berechtigte Frage lautet: Was ist mit dem verarbeitenden Planer?

Abgegrenzt vom eigentlichen „Dateneigentumsrecht“ stellt sich die Frage nach dem Datennutzungsrecht (insbesondere für technische Daten sind Urheberrechte i.S.d. §§ 1 f. UrhG nicht einschlägig, dies betrifft insbesondere bautechnische Zeichnungen mit Ausnahme von gestalterisch anspruchsvollen Planungen in Objekt-, Innenraum- und Außenanlagengestaltung (2)). Der jeweils Berechtigte kann nach Belieben entscheiden, inwieweit er Dritten die Nutzung der Daten ermöglicht. (3)

Die Übertragung des Datennutzungsrechtes ist hauptsächlich eine schuldrechtliche Frage. Die Nutzungsrechte müssen vertraglich eingeräumt und in den meisten Fällen vergütet werden. Hierfür finden sich üblicherweise Regelungen in den Vertragsbedingungen von Produktherstellern zum ausführenden Gewerk sowie vom ausführenden Gewerk oder Planer (in Bezug auf Modelle oder Zeichnungen) an den Auftraggeber.

2. Konsequenzen für BIM-Verträge 

a) Bauteildaten

Das Eigentum an den Bauteildaten folgt dem Übereignungsfluss, also der Übereignung des Bauteils. Dies wird insbesondere dann komplex, wenn in den Verträgen für die ausführenden Gewerke Eigentumsvorbehalte enthalten sind, sodass das Eigentum an den Bauteilen und Baustoffen erst dann an den Auftraggeber übergeht, wenn dieser die Schlussrechnung vollständig bezahlt hat.

Ungeachtet dessen steht dies keiner Bearbeitung, beispielsweise im Rahmen eines BIM-Modellierungsprozesses, konträr gegenüber. Das ausführende Gewerk hat dann die Bauteile über den Großhandel etwa gekauft und somit Eigentum an diesen erworben. Folglich hat er auch das „Dateneigentumsrecht“. Bringt er nun die Daten zum Bauteil, beispielsweise als BIM-Autor, in die BIM-Modelle ein, so überträgt er konkludent auch die Nutzungsrechte für dieses konkrete Bauvorhaben bzw. den notwendigen weiteren Verlauf.

b) Planungsdaten in Gestalt von Modellen

Planungsdaten meint in diesem Fall die Daten, die allein aufgrund der Modellierung eines Gebäudemodells seitens des Planers produktneutral äquivalent zu den 2D-Plänen erstellt werden. Hier liegt dem Grunde nach kein Einkauf von Bauteilen vor. Folglich kommt es zu keiner Eigentumsübertragung von Modelldaten. Allenfalls könnte Eigentum an Datenträgern übertragen werden.

Das Urheberrecht setzt in seiner Anwendung voraus, dass ein schöpferischer Wille in gestalterischer Form zum Ausdruck kommt. Dies wird in der Regel für rein technische Daten und Zeichnungen verneint. 
Till Kemper

Weil aber selten physikalisch die Datenträger und künftig nicht mehr 2-D-Pläne übergeben werden, ist das „Dateneigentum“ für Planer relativ uninteressant. Den Planer schützen daher hauptsächlich die Nutzungsrechte, die er an den Ergebnissen seiner Leistung hat. Dies hat vorwiegend auch nichts mit dem Urheberrecht zu tun. Das Urheberrecht setzt in seiner Anwendung voraus, dass ein schöpferischer Wille in gestalterischer Form zum Ausdruck kommt. Dies wird in der Regel für rein technische Daten und Zeichnungen verneint. (4) Wie sind also die Modelldaten zu behandeln?

Planer erzeugen an ihren Plänen (gleich ob 2D oder 3D-Modell) Nutzungsrechte. Aus der 2D-Welt gibt es dazu interessante Entscheidungen, die ein vielfältiges Bild zeichnen.

Das OLG Hamm entschied 2011: Wird ein Architektenvertrag über die Leistungsphasen 1 bis 4 gemäß § 15 HOAI a.F. geschlossen und besteht Einigkeit darüber, dass der Auftraggeber als Bauträger nach den Plänen bauen wird, ohne den Architekten mit den weiteren Leistungsphasen zu beauftragen, wird dem Auftraggeber in Bezug auf das konkrete Bauvorhaben das einmalige urheberrechtliche Nutzungsrecht übertragen. Diese Übertragung ist durch die Honorarsätze der HOAI mit abgegolten.

Stellt der Architekt die von ihm erstellten Pläne ein zweites Mal einem anderen Bauträger für dasselbe Projekt gegen Entgelt zur Verfügung, verletzt er hierdurch seine gegenüber dem Auftraggeber bestehenden Vertragspflichten und greift ohne Rechtsgrund in das Nutzungsrecht des Auftraggebers an den Plänen ein. Den infolge der Verwertung erzielten Erlös hat der Architekt an den Auftraggeber herauszugeben. (5)

Nach eingelegter Revision hob der BGH die Entscheidung auf und urteilte: Beauftragt ein Bauträger einen Architekten mit den Leistungsphasen 1 bis 4 nach § 15 Abs. 2 HOAI a.F. für die Errichtung eines Bauwerks auf einem bestimmten Grundstück und sind die Pläne nicht urheberrechtsschutzfähig, so ist der Architektenvertrag, sofern sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt, dahin auszulegen, dass es dem Bauträger gestattet ist, die erstellten Pläne für die einmalige Errichtung des betreffenden Bauwerks auf dem konkreten Grundstück – sei es auch im Wege der Weiterübertragung der Errichtungsbefugnis auf einen Dritten – verwenden zu dürfen, und dass der Architekt eine Zweitverwertung der Pläne, bezogen auf die Errichtung des geplanten Bauwerks auf dem konkreten Grundstück, zu unterlassen hat; der Architekt hat jedoch nicht den erzielten Erlös durch Weiterverwertung an den Bauträger herauszugeben. (6)

Für den umgekehrten Fall, dass ein Bauträger für ein Objekt bestellte Pläne für weitere Objekte weiterverwendet, entschied das OLG Celle: Bei der "heimlichen" Verwendung einer Entwurfsplanung im Bauantragsverfahren ohne Zustimmung des Entwurfsverfassers begeht der Bauträger eine ungerechtfertigte Bereicherung i.S.d. § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 BGB; er hat dem Entwurfsverfasser Wertersatz gem. § 818 Abs. 2 BGB in Höhe der HOAI Mindestsätze zu zahlen. (7)

Hieraus folgt: Für die Entwurfsmodelle hält zunächst der Planer bzw. Koordinator die Nutzungsrechte, die er dem Auftraggeber (oder anderen) übertragen kann. Werden z. B. Planungsmodul-Modelle für eine komplette Nasszelle weiterverwendet, ist dies gesondert zu regeln, weil sonst bereicherungsrechtliche Schadensersatzansprüche entstehen können. Hier bieten sich Lizenzmodelle an.

Bei den um Produktdaten und BIM-Plugins angereicherten Ausführungs- oder W&M-Modellen sieht die Welt schon anders aus, weil für die BIM-Plugins und Bauteildaten die Reglungen unter a) gelten. Sie sind also mit einem Gemisch von Nutzungsrechten versehen, erst recht, wenn zum Beispiel BIM-Autoren der ausführenden Gewerke W&M-Modelle in die Gesamtmodelle einbringen. Hieraus folgt auch, dass die Nutzungsrechteübertragung für solche Modelle in den Bauverträgen oder aber den BIM-BVB zu regeln ist.

c) Bauteildatenbanken

Bauteildatenbanken bzw. BIM-Daten-Auskunfteien (Dienstleister für Bauprodukthersteller, die BIM-Plugins erzeugen und verwerten) begründen dem Grunde nach ebenfalls keine Eigentumsfragen an BIM-Daten. Die Geschäftsmodelle funktionieren hier allein aufgrund von Übertragung von Nutzungsrechten. Denn es handelt sich lediglich um eine Sammlung von Daten von Dritten, nämlich den Bauproduktherstellern. Sofern sich also Planer aus solchen BIM-Daten-Auskunfteien bedienen, sind auch hier die Nutzungsrechte-Ebenen im Auge zu behalten.

Eine in ihrem Inhalt nach Art oder Umfang wesentlich geänderte Datenbank gilt als neue Datenbank, wenn die Änderung eine wesentliche Investition erfordert. 
Till Kemper

In Betracht kommt prima vista in einigen wenigen Fällen auch ein Urheberrechtsschutz nach §§ 87a ff. UrhG. Dort wird ein Urheberrecht für Datenbanken begründet. Datenbanken im Sinne dieses Gesetzes sind Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert.

Eine in ihrem Inhalt nach Art oder Umfang wesentlich geänderte Datenbank gilt als neue Datenbank, sofern die Änderung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert. Open-Source-Angebote fallen jedoch ebenso darunter wie die bloße Sammlung von Herstellerdaten, die zum Abruf freigegeben werden (8)

Im Übrigen ist genau das Geschäftsmodell zu betrachten, ob erhebliche Investitionen des Datenbankherstellers selbst erforderlich sind. Handelt es sich bei der Datenbank um das bloße Resultat der Sammlung von Ergebnissen aus Digitalisierungsdienstleistungen für Hersteller, dürfte der Schutz aus §§ 87a ff. UrhG ebenfalls nicht greifen.

3. Eigentum an Gebäudemodellen

Ein Eigentum am Gebäudemodell ist aus den oben dargelegten Erwägungen am Ende des Tages allein für den Gebäudeeigentümer denkbar, da das Gebäude nun einmal dem Eigentümer gehört und damit auch die Daten zum Bauwerksmodell. Die brisante Frage dabei ist, ob alle Nutzungsrechte hinreichend übertragen worden sind. Aus dieser Thematik heraus ergibt sich auch der Fakt, dass die Übertragung von Nutzungsrechten an und Ausübung durch andere Projektbeteiligte und Dritte, beispielsweise für die Wiederverwendung in anderen Bauprojekten, nicht ohne weiteres gestattet ist. Hierfür bedarf es eines Lizenzvertrages. Der Stoff für die Diskussion um Vertragswerke und neue Geschäftsmodelle geht somit nicht aus.

Autor/in

Till Kemper

Till Kemper

HFK Rechtsanwälte

Dr. Till Kemper M. A. ist als Rechtsanwalt bei HFK Rechtsanwälte und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Vergabe- und Verwaltungsrecht tätig, spezialisiert auf die Implementierung von BIM, Lean Construction und Smart-Living-Lösungen in der Projektentwicklung. (hfk.de)